Ein Einkaufsbummel am Ring Für die Bewohner der Stadt Frankenstein war das Einkaufen in ihrer Stadt eine tägliche Selbstverständlichkeit. Anders war das für die Landbevölkerung. Da war Einkaufen in der Stadt vielfach ein kleine Reise, die nicht so unternommen wurde, denn nicht aus allen Dörfern war die „Stoadt“ so leicht zu Fuß zu erreichen wie von Tarnau, Seitendorf oder Protzan. Aus den weit entlegenen Dörfern fuhr man mit der Kleinbahn oder aus Richtung Kamenz auch mit der Staatsbahn. Der Bau dieser Bahnverbindungen war seinerzeit schon eine große Erleichterung. Als der Lehrer Wilhelm Loske aus Heinrichau per 1.12.1891 als Hauptlehrer nach Silberberg versetzt wurde, war der Umzug für die Familie mit Pferdegespannen eines Lohnfuhrunternehmers eine umständliche, langwierige Angelegenheit. Nicht alles was fehlte, bekam man im Laden in Silberberg. Man musste mit der Pferdekutsche zum Einkauf nach Frankenstein fahren, genau so um ein Hausmädchen anzuwerben. Mit der Inbetriebnahme der Kleinbahn änderte sich das wesentlich. Jetzt war man in kurzer Zeit von Silberberg oder Tepliwoda /Lauenbrunn in Frankenstein. Allerdings mußten viele Bewohner der Dörfer ohne „Station“ erst die nächst gelegene Bahnstation erreichen. Für sie und die Bewohner von noch abgelegeneren Dörfern blieb die Fahrt „ei die Stoadt“ eben doch eine kleine Reise. In den Kaufläden der Dörfer konnte man zwar das Nötigste erhalten, aber es gab eben Dinge, für die man in die Stadt musste. Die Bauern, welche eigene Pferdegespanne besaßen, fuhren öfter mit Pferd und Wagen zu Erledigungen und spannten dann gerne ihre Tiere in den Gasthöfen aus um sich noch für die Heimfahrt zu „stärken“. Aber manche „Muttl“ musste halt mit dem kleinen Karl und der kleinen Hedi in die Stoadt weil vielleicht neue Kinderschuhe, eine Hose, ein Kleidchen fällig waren, die man in der Stadt preiswerter kaufen konnte oder es war eine andere dringende Besorgung zu erledigen.
Frankensteiner Rathaus, Bild von Karl Gorke. Standort: Frankensteiner Heimatmuseum, Rheda-Wiedenbrück Begleiten wir einmal eine „Muttl“ vom Land mit ihren Kindern auf einem Einkaufsbummel um den Ring in Frankenstein: Da kam man die Burgstraße herauf zum Ring und sah links in die Kirchstraße, wo sich die Pfarrkirche St. Anna befindet. Da an der Ecke (Burgstraße 1), in der Konditorei Rösner, hätten die Kinder zu gerne Eis gegessen. Auch die Muttel würde später am Nachmittag, z. B. gerne einen „Liebesknochen“ verzehren. Wer kennt noch das leichte Gebäck in Form eines Knochens, mit Schokoladenüberzug und Vanillepudding gefüllt? Doch Mutter lenkte ab und zeigte den Kindern links die Kirchstraße hinab die den schiefen Turm mit den Eisenkugeln im Mauerwerk. Sich wendend sah man auf das schöne Rathaus, das nach dem großen Brand 1858 neu erbaut wurde. Ja, der große Brand hatte hier am Ring fast alles vernichtet. Dort am Mittelring links neben dem Rathaus, steht (Ring 66) das große Gebäude, das Tuch-Kaufhaus, das „Gewandhaus“ von Frankenstein. Ja, unsere Kinder hatten in der Schule im Heimatkundeunterricht gut aufgepasst! Ein Gewandhaus gibt es nicht nur in Leipzig! Allerdings gibt es nur dort das berühmte Orchester. Aber die Muttel wußte, daß Frankenstein das „Stadtorchester Frankenstein“ hatte, unter Dir. Dr. Hans Boltshauser. In dem Gebäude das auch „Schmetterhaus“ genannt wurde, waren unten ein paar Stufen hinab die Pilsner Bier- und Weinstuben von Franz Wienkowski. Auch die Instrumentenschleiferei Emil Speer war in dem Gebäude. Ring 1 und 2 Doch wir wollen einkaufen und stehen noch an der Ecke bei der Konditorei Rösner, wir überqueren die Kirchstraße und sind am gegenüber liegenden Eckhaus. Mit diesem Haus, Ring 1, begann die Numerierung und ging im Uhrzeigersinn weiter rund um den Ring. Hier war die „Drogerie zum goldenen Becher“ von Josef Unsinger, und hier befand sich das Geschäft Gerling & Rockstroh, Kakao, Schokolade, Pralinen, Bonbons, Kaffee. Die hatten auch ein Geschäft in Münsterberg, Ring 26. Die Kinder hätten zu gerne etwas Schokolade gekauft. Doch Mutter drängt weiter. Das nächste Geschäft (Ring 2) war das „Spezialhaus für Reinigungsbedarf“, Oele, Fette, Riemenwachs und Treibriemen. Hatte der Vatel nicht gesagt, daß der eine Treibriemen an der Dreschmaschine schlecht war? Aber darum würde sich der Vatel kümmern. Ring 3 und 4 Ein Stückchen weiter ist man (Ring 4) bei der Stadt- u. Kronen Apotheke, Josef Bannert. Die bestand schon seit dem Jahr 1528! über der Tür befindet sich eine Krone. Hier wollte sie Aspirin, Brandsalbe, Glycerin-Milch für aufgesprungene, rissige Hände und für die Großmuttel ein Schlafmittel einkaufen. Eine Spezialität bei Bannert war, daß es auch Tierarzneimittel gab. Man musste nicht immer gleich den Tierarzt Berger kommen lassen. Sie würde eine Eutersalbe mitnehmen zum Einspritzen in die entzündeten Zitzen der Kuh Martha. Ring 5 bis 7 Beim Fleischer Georg Steiner (Ring 5) ging man vorbei und war beim nächsten Geschäft (Ring 6) bei Paul Freund, Musikinstrumente, Schallplatten, Reparaturen, Ersatzteile. Hier schaute man kurz ins Fenster. Die älteste Tochter, die schon in Stellung war, hatte sich einen Schallplattenapparat gekauft. Doch die Schallplatten sollte sie sich selbst aussuchen, die Jugend wollte heutzutage ganz andere neumodische Musik hören. Gleich ein Haus weiter auf der Ecke lag das Textil-Kaufhaus (Ring 7) Königer Heinr., Herren- Damen-Kleidung, Uniformen, Teppiche, Gardinen. Hier hatten sie sich zu Ostern für die gute Stube einen Teppich gekauft. An dieser Ecke hatte man die Silberberger Straße erreicht. Ein Stückchen da hinunter gab es (Silberberger Str. 9) das Geschäft Paul Lorenz, Nähmaschinen, Fahrräder, Zentrifugen. Sie brauchte doch für die Nähmaschine ein neues Schiffchen, einige Nadeln und nach dem Preis für eine neue Zentrifuge konnte sie auch gleich fragen, denn die alte schleuderte nicht mehr richtig. Oberring
Dann zurück zum Ring liegt an der anderen Ecke (Oberring 8) das Kaufhaus Alfred Beck, Schneiderei-Artikel, Strümpfe, Trikotagen. Sollte sie sich hier gleich neue Strümpfe kaufen oder doch erst bei Volkmer gucken? Also gehen wir erst einmal weiter, vorbei am Haus (Ring 9), wo sich das Gasthaus „Grüner Kranz“, Inh. Paul Klose befand. Im nächsten Haus (Ring 10) war die Schlesische Landschaftliche Bank und im gleichen Haus das Geschäft, das ihr Ziel war, die Fa.Josef Zwiener, Großhandlg.für Seifen, Parfümerien, Waschmittel, Kerzen, Lacke, Farben. Von hier wollte sie eine Dose speziellen Lack mitnehmen. Was es da alles gab! Die Kirche zu Baumgarten hat bei Josef Zwiener Anfang 1933 einmal 151 Aluminium-Ziffern zu je 4 RM gekauft.
Am nächsten Haus musste sie mit den Kindern wieder schnell vorbei gehen, denn hier (Oberring 12) lag das Schokoladengeschäft B. Pohl. Gleich daneben (Ring 13) war das Herrenmodengeschäft Alfred Schneider, Elegante Herrenmoden, Anfertigung nach Maß, Lodenfrey-Kleidung, München, Bleyle-Strickkleidung, Stuttg., Das Geschäft war schon im Jahr 1826 gegründet worden. Vater wollte sich immer mal einen schönen Lodenmantel kaufen, aber die waren hier sehr teuer genau wie die Bleyle-Kleidung für die Kinder. Der größere Bruder vom Kalle hatte zu Weihnachten von der Tante aus Breslau einen Bleyle-Pullover für die Schule bekommen, den konnte der Kalle noch erben. Bleyle-Wollsachen waren unverwüstlich. Jetzt war man (Ring 14) bei der Kreis- u. Stadtsparkasse. Da sollte das Geld für eine Rechnung eingezahlt werden, hatte der Vater sie beauftragt. Hier hat man die Hirschgasse erreicht. Man überquert sie und ist an der Ecke Breslauer Straße. Auf dieser Ecke, Hirschgasse/Breslauer Straße, war (Breslauer Str.1) die Weinhandlung Rudolf Lowag, Kolonialwaren, Gaststätte, Brennspiritus-Großvertrieb. Ging man die Breslauer Straße ein Stück weiter, kam man auf der rechten Seite (Breslauer Str. 12) zum Geschäft von Uhrmachermeister Julius Jaschke. Der war auch staatl. geprüfter Optiker. Vaters Taschenuhr und seine Brille hatte man da gekauft. Doch Uhrmachermeister Jaschke hatte im Jahr 1936 sogar eine aufwendige Reparatur an der Turmuhr im Kirchturm in Baumgarten durchgeführt. Die Meisterstunde hatte er mit 1,50 RM, die Gehilfenstunde mit 1,20 RM und die Lehrlingsstunde mit -,50 RM berechnet. Ring 15/16 und 17
Doch wir bleiben am Ring und wenden uns rechts hinüber. Da ist das große Eckhaus (Ring 15/16) mit dem Kaufhaus A.Volkmer Manufaktur- u.Modewaren. Was es da alles in den großen Schaufenstern zu sehen gab! Hier hatte man jetzt in der Mittagszeit die Sonnenjalousien herunter gelassen. So konnte man im Schatten stehend alles anschauen. Nein was hatte man hier eine Auswahl! Drinnen wußte man gar nicht, wo zuerst gucken. Die großen Regale an den Wänden alle gefüllt mit Waren, Wäsche und Modeartikeln. Die Kirchengemeinde Baumgarten kaufte hier Stoffe, die zum Ausbessern an Paramenten verwendet wurden. Doch unsere Frau vom Lande interessierte sich für anderes, da waren Sachen für die Familie einzukaufen. Ring 18 bis 20
Bei dem nächsten Geschäft fiel ihr etwas ein. Das war bei (Ring 18) Johann Chronz, Inh. Theodor Mende, Eisenhdlg., Eisenwaren, Haus- u.Küchengeräte, hier konnte man ein gutes Solinger Messer für die Küche kaufen, die brauchte man nicht dauernd neu zu schleifen, also hinein in das Geschäft mit dem großen Angebot. Hier gab es sogar Dach- und Stallfenster! An den nächsten Geschäften ging man wieder vorbei, das waren (Ring 19) der Fleischer G.Exner und (Ring 20) die Feinbäckerei Stephan, Inh. Alfons Janisch. Dann war man (Ring 21) bei Kuhnert Franz, Herren- Knaben – Konfektion. Hier könnte man nach einer Hose für den kleinen Karl sehen. Weiter ging man zum (Ring 23) Schuhgeschäft Ludwig, Gerhard. Hier bekam man auch die guten Markenschuhe, z.B. Rieker. Ein Paar gute Damenschuhe sollten 9 RM kosten. Für Kinder gab es Elefantenschuhe. Man ging hinein und die freundliche Verkäuferin half den Kindern beim Probieren. Die Schuhe sollten etwas größer gekauft werden, denn die Kinderfüße wachsen schnell. Um zu sehen wie viel Platz die Zehen im Schuh hatten, gab es Durchleuchtungsgeräte. Die Kinder hatten ihren Spaß daran, die Füßchen hineinzustellen und oben durch zu schauen, wie sich die Knochen ihrer Zehen im Schuh bewegten. Mit den Schuhkartons beladen ging es weiter vorbei an (Ring 24) der Drogerie A.Beck. Danach kommt man (Ring 25) zur Fleischerei Richard Kaps, Inh. Ida Kaps. Jetzt eine gute warme Wurst mit Brötchen, das wäre die richtige Stärkung meinen auch die Kinder. Geht man jetzt zu Kaps oder doch zu Kaschel in die Klosterstraße? Mutter will erst noch zum Kaufhaus Kaschuba. Man muß aber erst noch bei einem Geschäft mit Spielwaren (Ring 26) vorbei. Das ist die Fa. Paul Kolbe, Inh. Maria Schulz, und Agnes Reichelt, Spielwaren, Galanterie-, Glas-, Porzellan. Die Kinder möchten Spielwaren anschauen, doch Mutter drängt. Denn über den Einkäufen ist es Mittag geworden, es meldet sich der Hunger und jetzt ist man am (Ring 27) Kaufhaus Georg Kaschuba, Modewaren, Stoffe, Herren- und Damen-Konfektion. Hier wollte die Muttel einen neuen Regenschirm einkaufen und auch nach einer leichten Stoffjacke sehen. Die alte Jacke war leider etwas zu eng geworden und wenn das so weiter ging, würde sie bald auch ein neues Korsett brauchen. Das gab es ungefähr gegenüber am Mittelring (Ring 54) bei J. Welz jr. Spezial-Geschäft f. Damenwäsche und Korsetts. Dort im Haus war übrigens auch noch die Ring-Drogerie Martin Karge.
Jetzt hier im Kaufhaus Kaschuba war ihr eine nette Verkäuferin beim Anprobieren behilflich und bald war der Kauf getätigt. -Meine Großmutter war auch Kundin bei Kaschuba. Wenn sie ein neues Kleid kaufen wollte und keine Zeit hatte für die Fahrt zur Stadt, rief sie bei Frau Kaschuba an und die schickte ein Lehrmädchen mit einer Auswahl im Koffer per Kleinbahn nach Protzan. Großmutter probierte dann gemütlich zuhause vor ihrem großen Konsolenspiegel. Das Mädchen nahm die nicht ausgewählten Kleider wieder mit nach Frankenstein. Im November 1935 kaufte die Kirchengemeinde Baumgarten bei Kaschuba 3 m Fahnenstoff a 1,50 RM, 2 Spiegel a -,80 RM und Nähgarn. Wer weiß ob der mit „Spiegel“ bezeichnete Einkauf weiß war und ein schwarzes Zeichen trug? Solche Fahnen waren damals selbst den Kirchengemeinden vorgeschrieben worden. Die ganze Häuserzeile an der Nordseite des Ringes von Kaufhaus Völkel bis Kaschuba wurde vor Jahren von den Polen aus irgend welchen Gründen abgerissen und durch seelenlose Neubauten ersetzt. Unsere Einkäufer wollen aber jetzt ihren Hunger stillen, und da geht es mit den Einkaufstüten um die Ecke in die Klosterstraße. Die hatte man jetzt umbenannt in „Straße der SA“. Doch davon nahmen die Leute keine Notiz, es blieb bei ihnen die Klosterstraße! Dort (Klosterstr.26) war die Fleischerei Josef Kaschel und auf der anderen Seite (Klosterstr.23) die Kloster-Drogerie, Herbert Schmiechen. Wir gehen nun zu Kaschel, da gibt es hinter dem Laden eine „Frühstücksstube“, wo man beim Essen gemütlich sitzen kann. Das tut den müden Füßen gut nach dem ungewohnten „Pflastertreten“in der Stadt. Außerdem gibt es da eine herzhafte Knoblauchwurst, etwas ganz anderes als die Wurst vom eigenen Schlachten. So gestärkt kann dann der Einkaufsbummel weiter gehen. Nach unserer Stärkung bei Fleischer Kaschel sind wir wieder am Ring. Wir überqueren die Tuchmacherstraße und sind an der Ostseite des Ringes, am Unterring. Im Eckhaus Tuchmacherstraße und (Ring 28) ist die Eisenhdlg. Josef Seifert GmbH. Hier oder drüben neben der Wolf´schen Buchhdlg. August Kirsch (Mittelring 61) soll sie bei der Eisenhdlg. Ernst Baron (Mittelring 60) für Vatel eine bestimmte Sorte Schrauben einkaufen. Ring 29 und Ring 30
An dem nächsten Geschäft blieben wieder Muttels Augen hängen. Es war (Ring 29) Josef Wagner, Juwelier u. Goldschmiedemeister. Entweder hier oder drüben beim Steiner hatte Vatel vor Jahren zu ihrer Verlobung die Eheringe gekauft. Mit einem Seufzer der Erinnerung wendet sie sich dem nächsten Geschäft zu. Da gab es (Ring 30) bei Fa. Franz Krehl Tabakwaren. Aber hier war vor allem (Ring 30) die Fa. H. Lonsky, Buchdruckerei – Buch-u.Papierhandlung - Zeitungsverlag (Kreisblatt und Silberberger Stadtblatt). Hier kaufte man noch ein paar Zeichenartikel und Hefte für die Schule ein. An der Fassade des Hauses war ein Wappen zu sehen, in der Mitte über dem Schaufenster. Ring 31/32 und 33
Dann kommt man zu (Ring 31/32) Paul Tschoetschel, Feinkosthaus, Delikatessen, Weine, Zigarren, Spirituosen. Vielleicht waren hier Zigarren preiswerter zu haben, Großvatel hatte doch bald Geburtstag. Man konnte sehen. Zu sehen sind an dem Haus ganz oben an der Dachkante zwei Löwen, zwischen ihnen ein Wappen mit den Buchstaben T.B. und 1887, darüber eine Krone. Allerdings ist das hoch oben, so daß es eigentlich nur von drüben, vom Mittelring aus, gut zu sehen ist. Dort gab es
(Mittelring 54) das Fischhaus Anders, die lieferten Fisch auch frei Haus. Dann (Ring 55) war da der Friseur Heinrich Kirchner und dort (Unterring 56) befand sich auch das Reformhaus H.Schulmann. Auf das Reformhaus schwörte das gesundheitsbewusste „Fräulein“, die Lehrerin im Dorf. Doch wir gehen auf der anderen Seite bei Tschoetschel weiter zu (Ring 33) Kaisers Kaffeegeschäft. Hier wurde ein Pfund „guter“ Kaffee, ganz frisch, eingekauft. Im gleichen Haus befand sich noch die Gemüsehandlung Herbert Klinke, das Hotel „Goldener Löwe“ und die Friseuse Maria Wolf. Ring 34
Über die Straße rüber kommt man zu dem Eckhaus (Ring 34) Umlaufs Hotel. Aber dort ist auch die Fa. Albert Wolf, Inh.M.Kogler, Glas, Porzellan, Galanterie, und da gab es wieder Spielwaren! Da war so vieles was ein Kinderherz begehrte. Doch Mutter vertröstete auf das Christkind zu Weihnachten. Auch am nächsten Geschäft ging man vorbei, an (Ring 35) Molkereiprodukte Erika Lustig, denn Butter und Käse produzierte man selbst oder bekam sie über die Molkerei unten am Kleinbahnhof von der eigenen dort angelieferten Milch. Die folgende Firma war (Unterring 36) die Wachswarenfabrik, Seifenfabrik Oskar Goldalmer. Eine Firma, die bereits im Jahr 1819 gegründet worden war. Hier hatte die Kirchengemeinde Baumgarten am 31. Januar 1939 noch eine Rechnung für Altarwachskerzen bezahlt, die waren eine Spezialität der Fa. Goldalmer. Selbst Weihrauch-Kohlen und Hostien führte diese alte Firma. Auch Imker-Artikel bekam man hier. Und darum war der Großvatel, ein begeisterter Bienenzüchter, hier Kunde. Im nächsten Haus (Ring 37) ist seit 1830 die Mohren-Apotheke, Max Wünsche. Das Wahrzeichen der „Mohren-Apotheke“ ist natürlich ein pechschwarzer Mohr, der hat ein Röckchen aus Palmblättern oder Federn an.
Das Eckhaus gegenüber (Ring 39) ist das Kreishaus, da gehen wir in die Niederstraße hinunter. Die Kinder wollen zur Leihbücherei. Karlchen will Winnetou III von Karl May, und Hedi ein Buch für den Schulunterricht ausleihen. So ging man zur Leihbücherei Elsbeth Neufeld (Niederstr.11). In der Niederstraße gab es noch viele Geschäfte, z.B. (Niederstr. 13) Richard Geier, Sattlermeister u. Tapezierer, Feinlederwaren, Reise- u.Sportartikel, (Niederstr. 14) Paul Knittel, Polsterer u.Dekorateur, (Niederstr. 19) Färberei u. chem. Reinigung Josef Scholz, weiter (Niederstr. 23) da war die Opel-Vertretung Otto Giese, Automobile – Motorräder, dann (Niederstr. 26/27) von Gerhard Moschner eine weitere chem. Reinigung mit Färberei und (Niederstr. 43) Erich Struck, Mechanikermstr.
Fraftfahrzeuge – Fahrräder. Weiter ging es (Ring 43) zu Paul Skudelny, Wollwaren, Strumpfwaren, Trikotagen. Im nächsten Geschäft waren schöne Pelzmützen in der Auslage zu sehen. Es war (Ring 44) die Kürschnerei Georg Böhm, Inh. Leo Prause. So eine Mütze wäre für den Vater ein schönes Weihnachtsgeschenk. Allerdings müssten dann die Hühner noch reichlich Eier legen und damit Mutters Haushaltskasse aufbessern. Denn was bekam man für ein Ei, im Laden kostete es 3 Pfennig. Die Preise für Pelzmützen würde man dann noch in der Burgstraße vergleichen bei Kürschnermeister Gerhard Wollmann, Hupka´s Nachfolger (Burgstr. 3) und im Pelzhaus Rudolf Volkmer, Hüte, Pelze, Mützen (Burgstr. 4).
Ring 45 - 48, Ausschnitt aus einem Bild von Karl Gorke. Standort: Frankensteiner Heimatmuseum, Rheda-Wiedenbrück
Doch jetzt war man am (Ring 45) Breslauer Konfektionshaus Inh. Albert Cichy, Herren- u. Knabenbekleidung. Was es da für schöne Herrenanzüge gab. Der Vater sollte sich auch bald einen neuen Sonntagsanzug leisten. Im nächsten Haus war man wieder bei einem Fleischer (Ring 46) Anna Schrom, danach (Ring 47) Molkereiprodukte Friedrich Geier, Tarnau. Das nächste Geschäft (Ring 48) war das Schuhhaus Schweitzer & Hellmann. Die hatten auch in der Klosterstraße (oder jetzt „Straße der SA“) Nr. 9 ein Geschäft. Es gab hier stets eine große Auswahl auch an orthopädischen Schuhen für Damen, Herren und Kinder. Die waren zwar recht teuer, aber Großmuttel sollte hier mal hereinschauen. Sie hatte mit einem Ballen am Fuß Beschwerden und konnte mit ihren drückenden Sonntagsschuhen kaum noch zur Kirche gehen konnte. Jetzt kam man an das letzte Haus am Ring. Auf der Ecke (Ring 50) war Kolonialwaren Benno Jäkel. Ach da hat sie etwas vergessen, der Vatel hatte noch etwas von Munition für die Treibjagd aufgeschrieben, bei der Fa. Bruno Kepper, die auch schon seit dem Jahr 1848 besteht und Stahlwaren, Waffen, Munition, Radio in der Klosterstraße 22 führt. Na ja, das kann der Vatel erledigen wenn er wieder „ei der Stoadt“ ist. Die Kinder sind müde, und hier hatte man wieder die Burgstraße und die Kirchstraße erreicht, sah wieder den schiefen Turm und die Konditorei Rösner. Die Kinder hatten jetzt wirklich ein Eis verdient und die Muttel freute sich auf eine Tasse Kaffee. Nach all dem was man hier in der „Stoadt“ gesehen hatte, war auch sie rechtschaffen müde geworden, und man hatte ja auch noch den Heimweg vor sich, da tat eine Stärkung gut. Also „guten Appetit!“ Ach, wie gerne würde ich mit euch oder meiner Großmutter noch einmal bei „Rösner“ sitzen!
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