Das Gefecht bei Baumgarten und die Rettung König Friedrich II

(entnommen dem Buch "Am Born der Heimat")

Zu Beginn des ersten schlesischen Krieges war es König Friedrich II. gelungen , sich durch Überrumpelung in den Besitz des größten Teiles von Schlesien zu setzen. Nur Glogau, Brieg, Neisse und die Grafschaft Glatz waren noch in österreichischen Händen. Die Gebirgsübergänge waren durch preußische Truppen gegen feindliche Überfälle gesichert. Preußische Truppen lagen auch in Silberberg, Frankenstein und Wartha. Am 19.Februar 1741 reiste der König nach Schlesien und besichtigte die preußischen Stellungen am Gebirge. Am 26.Februar kam er nach Frankenstein. Von hier aus wollte er sich zu den Posten in Silberberg und Wartha begeben. Die Österreicher waren über seine Reise genau unterrichtet und faßten den Entschluß, den König durch einen Reiterüberfall gefangen zu nehmen. Am Morgen des 27.Februar begab sich der König zunächst nach Silberberg und von dort in Begleitung einer Schwadron Schulenburgscher Dragoner unter Oberst Diesfort nach Frankenberg. Hier erwartete ihn eine Schwadron Gensdarmen. Die Dragoner wurden zur Deckung des Rückweges nach Baumgarten gesandt, der König nahm eine halbe Schwadron Gensdarmen mit nach Wartha, der Rest blieb in Frankenberg.

Inzwischen marschierten von Königshain und Oberhannsdorf aus zwei Abteilungen österreichischer Husaren zu je 60 Mann nach Briesnitz, während ein Trupp von 30 Husaren über Johnsbach vorging.

Der König besichtigte die Stellungen in Wartha und besuchte auch die dortige Wallfahrtskirche. Als er sich dann zur Mittagstafel niedergelassen hatte, traf von Frankenberg aus die Meldung ein, daß ein großer Schwarm feindlicher Husaren vom Gebirge her über Briesnitz vorgegangen sei und sich teils nach Baumgarten, teils nach Frankenberg wende. Mit der Besatzung von Wartha (50 Mann Infantrie und 40 Husaren) und seinen Gensdarmen brach der König nach Frankenberg auf. Dort vereinigte er sich mit den übrigen Gensdarmen. An Diesfort ging ein Befehl, sich mit seinen Dragonern von Baumgarten nach Frankenberg heranzuziehen. Der König wollte alsdann mit den vereinigten Abteilungen einen Weg durch den Feind bahnen, falls dieser den Rückzug verlegt hatte. Aber dieser Befehl erreichte sein Ziel nicht. Auf dem Marsche von Frankenberg nach Baumgarten wurde Diesfort (6Offiziere, 73 Dragoner) von der ersten Abteilung österreichischer Husaren (7 Offiziere, 60 Husaren) unter Pistolenschüssen mit lautem Geschrei von allen Seiten überraschend angegriffen. Die Schwadron Diesfort geriet nach den ersten Verlusten in Unordnung und flüchtete in Richtung Baumgarten-Niederdorf. Um den Heckenzäunen auszuweichen, suchten sie am Ende des Dorfes vorbeizukommen. Da vollendete der Baumgartener Dorfgraben das Unglück. Wo dieser aus dem Dorfe heraus in südlicher Richtung führt, ist noch heute die westliche Seite des Grabens sumpfig. Das hatten die Reiter zu spät bemerkt. Sie versuchten, den Graben zu überspringen. Dabei stürzten eine große Anzahl Pferde. Die feindlichen Husaren hieben zu, und wer nicht über den Graben kam, wurde zusammengehauen oder gefangen genommen. Der Fahnenjunker hatte die preußische Standarte dabei den Feinden überlassen müssen.

Der Verlust der Preußen betrug 11 Tote, 8 Verwundete und 16 Gefangene. Die Österreicher hatten

4 Tote und 5 Verwundete. Darüber berichtet das Totenbuch der Pfarrei Baumgarten folgendes: "Anno 1741 am 27.Februar ist nachmittags in der 3ten Stunde auf dem Niederviehwege zwischen dem Dorfe und dem Wassergraben ein Scharmützel gehalten worden von den Brandenburgischen Truppen und den Kaiserlichen Husaren; allwo 11 Personen von den Brandenburgischen, ein Kaiserlicher Husar und der Landdragoner von Münsterberg alle tot geblieben, welche alle 13 Personen zu Abend hier auf dem Kirchhofe in 2 Gräbern sind begraben worden. Req. In pace. Gott behüte ferner noch vor schlimmerer Zeit."

Der Befehl des Königs an Diesfort war von den Österreichern aufgefangen worden. Bei Frankenberg geriet der König in Gefahr, von der zweiten österreichischen Abteilung, die von Briesnitz aus gegen Frankenberg vorgegangen war und die wahrscheinlich Verstärkung durch die im Gefecht bei Baumgarten siegreiche Abteilung erhalten hatte, gefangengenommen zu werden. Er floh nach Kamenz. Im Kloster verkleidete ihn der Abt Amandus Fritsch ins weiß-schwarze Gewand der Zisterzienser, ließ die Mönche - wenn auch zu ungewöhnlicher Zeit - zum Chorgebet in der Kirche zusammenkommen, erschien mit dem König im Chore und verbarg ihn auf diese Weise den Blicken der verfolgenden Feinde. So ist der König an diesem Tage zweimal, in Frankenberg und in Kamenz, den Feinden entronnen. Er hat über diese Rettung in seinen Werken nichts berichtet, schreibt aber im Anschluß an das Gefecht bei Baumgarten an seinen Minister Podewils: "Nebenbei gesagt, ich bin zweimal den österreichischen Husaren entwischt".

Bisher haben über diese Lebensrettung des Königs verschiedene Auffassungen bestanden. Vielfach wurde sie überhaupt geleugnet. Nachdem aber im vorigen Jahr der Sachverhalt durch umfangreiche Forschungen des Pfarrers Skobel in Kamenz geklärt worden ist, kann an der Tatsache – wie sie vorstehend geschildert worden ist – nicht mehr gezweifelt werden.

Vielfach wird die Rettung dem Abt Tobias Stusche zugeschrieben. Das trifft nicht zu, denn Tobias Stusche wurde erst 1741 Abt. Immerhin hat auch er dem König wichtige Dienste geleistet, wie aus einem Bericht in der Chronik von Frömrich hervorgeht, Dienste die auch in einem Briefe des Kardinals Sinzendorf in Breslau vom 15.August 1746 an Papst Benedikt XIV. erwähnt werden. Der Bericht in der Chronik lautet:

"Der König logierte hier in Camenz, der Abt war zu seinem Tische gebeten. Kurz vor dem Essen erhielt der Prälat ein Schreiben von einem österreichischen General, dessen Schrift er kannte, und der in Ottmachau stand. Der Abt ging in die Tafelstube und übergab den versiegelten Brief dem Könige. Derselbe brach ihn auf, las ihn beim ersten Fenster in der Tafelstube und steckte ihn wieder ein. Nur die Prinzen und zwei Generale waren bei Tische. Nach geendigter Tafel stand der König plötzlich auf, zog den Brief aus der Tasche und las selben den wenigen Anwesenden vor, dessen Inhalt war: Der Abt Tobias wurde dringendst unter Drohungen und Verheißungen ersucht, folgende Fragen zu beantworten: Wo logiert der König Friedrich, wie stark ist sein Korps und wie steht es verteilt?

Der König nahm seinen Hut ab, verneigte sich gegen den Prälaten und rief den Anwesenden zu: Meine Herren vergessen Sie diesen Patriotismus nicht! Friedrich winkte den Abt in sein Kabinett, in welchem er ihm die Stärke seines Heeres und die Verteilung desselben diktierte. Der Prälat schickte auf Befehl die Antwort ab und der König veränderte nach abgegangenem Briefe schnell sein Hauptquartier."

Dieser Bericht stammt wahrscheinlich vom Abt Tobias Stusche selbst. Auch er zeigt, daß sich damals wiederholt weltgeschichtlich bedeutsame Ereignisse in unserer Landschaft zugetragen haben.

Anmerkung: Der Abt Amandus Fritsch war im Jahr 1742 verstorben. An seine Stelle trat der bisherige Pfarrer des Dorfes Reichenau, P.Tobias Stusche. König Freidrich II. hatte im Mai 1745 sein Hauptquartier im Kloster Kamenz. Der König freundete sich mit dem Abt an. Trotzdem legte er dem auch dem Kloster Kamenz, wie allen anderen, hohe Kriegssteuern auf. Der König wußte es durchzusetzen, daß der ihm treu ergebene Abt Tobias Stusche auch zum Abt des reichen Klosters Leubus gewählt wurde. Der Abt Tobias Stusche starb am 9.April 1757. Er wurde in Kamenz in der Kreuzkapelle hinter dem Hochalter beigesetzt.