Was geschah in Frankenstein in 8 Jahrhunderten?

(kurz gefaßt)

1200 - 1299

Deutsche Neubesiedlung Schlesiens und Gründung von Frankenstein

1300 - 1399

Vertrag von Trentschin, Frankensteins Blütezeit unter dem deutschen Kaiser Karl IV.

1400 - 1499

Auszug der deutschen Studenten aus der Uni Prag, Frankenstein in den Hussitenkriegen

1500 - 1599

Wiederaufbau der Stadt, Kirche St.Anna, der "schiefe" Turm, das Schloß, Ferdinand I. von Habsburg Oberherr in Schlesien, Einzug der Reformation

1600 - 1699

Frankenstein im 30jährigen Krieg; das anschließende kulturelle Aufblühen

1700 - 1799

Frankenstein in den schlesischen Kriegen; Friedrich der Große in Frankenstein

1800 - 1899

Von Napoleon; den Befreiungskriegen, dem große Brand in Frankenstein, Frankenstein bekommt die Eisenbahn

1900 - 1946

Frankenstein als moderne Stadt bis zur Vertreibung seiner 100% deutschen Einwohner durch die Polen nach dem Ende des 2.Weltkrieges.

Frankenstein und der Kreis Frankenstein

im Rahmen der Geschichte Schlesiens

Wann und wie wurde Frankenstein gegründet und wie kam Frankenstein zu seinem Namen ?

Etwas vorweg:

Mit dem Monster Dr.Frankenstein, welches die Engländerin Mary Shelly erfand und dessen Namensgebung wahrscheinlich der Anfang des 19. Jahrhunderts bei den Engländern durch den Maler William Turner und den Dichter Lord Byron entstandenen Schwärmerei für die Rhein-Romantik zu verdanken ist, hat die schlesische Stadt Frankenstein absolut nichts zu tun.

1. Deutsche Neubesiedlung Schlesiens und Gründung der Stadt Frankenstein

Seit dem Piasten Boleslaus dem Langen, der im sächsischen Exil eine deutsche Erziehung erhalten hatte, stand Schlesien unter selbständigen Herzögen. Sie waren nur dem deutschen Kaiser verpflichtet. Das hinderte sie aber nicht, Ansprüche auf den polnischen Thron zu stellen. Seit Boleslaus´ Tod am 8.12.1201 herrschte sein Sohn Herzog Heinrich I. der Bärtige mit seiner Gattin Herzogin Hedwig von Andechs (später die Heilige)

Der Ort Frankenstein wurde etwa Mitte des 13.Jahrhunderts zwischen 1250 und 1260 gegründet.

Die deutschrechtliche Besiedlung der zwischen dem Gebirge und dem Zobten gelegenen sehr fruchtbaren Mulde erfolgte bereits um 1220. In dieser Zeit hatten an der slavischen Siedlung, welche 1210 Priluc genannt wird, fränkische Ansiedler den im Jahr 1230 als "Frankenberg sive(oder)Prilanc" genannten Ort gegründet. Frankenberg erhielt dann Stadtrechte. Von fränkischen Siedlern war in der Gegend eine zweite Stadt gegründet worden: Löwenstein, 1262 als "Lewinstein" genannt (nach ähnlichen fränkischen Ortsnamen). Beide Städte hatten aber nicht die Aufgaben eines starken städtischen Mittelpunktes in dem Gebiet erfüllt.

Einen schweren Rückschlag gab es zudem nach der Schlacht auf der Wahlstatt bei Liegnitz zwischen dem Heer Heinrichs II. gegen die Mongolen am 9.4.1241. Die siegreichen Mongolen zogen sich nach der Schlacht mordend und brandschatzend entlang des sich am Gebirge hinziehenden Grenzwaldes, welcher Preseka genannt wurde, nach Süd-Osten zurück. Von ihnen wurden zahlreiche Ortschaften, darunter manche junge deutsche Siedlung abgebrannt, auch das 1222 von Herzog Heinrich I. dem Bärtigen, dem Gatten der Hl.Hedwig, neu gegründete Zisterzienser-Kloster Heinrichau. Sicher hatten auch die Städtchen Frankenberg und Löwenstein unter den durchziehenden Mongolen gelitten. Wahrscheinlich kam es auf Betreiben der Vögte dieser zwei Städtchen zur Neugründung des dann Frankenstein genannten Ortes an geeigneterer Stelle. Die fand man da wo sich die von Nord-Westen am Grenzwald, der Preseka, entlang kommende Straße mit der belebten, großen Handelsstraße von Prag nach Breslau kreuzte. So gründete Herzog Heinrich IV. von Breslau (1270-1290) die zudem etwa auf halbem Weg zwischen Frankenberg und Löwenstein liegende Stadt Frankenstein.

Die Stadt erhielt 1286 Neumarkter Stadtrecht. Der Stadtstatus der beiden anderen Städte wurde gleichzeitig aufgehoben. Für den Namen der neuen Stadt, so heißt es, wurde der erste Teil des Namens von Frankenberg und der zweite von Löwenstein verwendet. Es entstand der Name Frankenstein.

Frankenstein wurde auf dem Boden des bischöflichen Dorfes Protzan und des Trebnitzer Klosterdorfes Zadel errichtet.

Die erste große Schlacht dürften die Bewohner des jungen Frankenstein am 24.4.1277 gesehen haben. Es war die Schlacht bei dem etwas nördlich gelegenen Dorf Protzan. Zwischen Protzan und Stolz kämpften die Breslauer gegen Boleslaus von Liegnitz weil dieser wegen Erbstreitigkeiten ihren Herzog, Heinrich IV. von Breslau, auf der Burg Lähnhaus gefangen hielt. Heinrich kam aber erst auf Vermittlung König Ottokars II. von Böhmen frei.

Die erste verbürgte Nachricht von Frankenstein gibt eine Urkunde vom 10.1.1287 in welcher Heinrich, der erste Vogt in Frankenstein, dem Kloster Kamenz drei Fleischbänke in der "civitas Frankenstein" verkauft.

(erster Stadtplan 1300-1400)

 

Die Stadt Frankenstein wurde wie fast alle deutschen Stadtgründungen in Schlesien angelegt: Ein großer viereckiger Martktplatz wurde abgesteckt in dessen Mitte das Rathaus mit Lagerhäusern für allerlei Waren gebaut wurde. Es entstand der "Ring". Von den vier Ecken des "Ringes" gingen in Form eines Gitterrostes gradlienig Straßen aus, an der südwestlichen baute man die Kirche. Die Straßen führten zu den Stadtbefestigungen und den Stadttoren.

Frankenstein entwickelte sich rasch. Der Umstand, daß die Stadt Breslau seit 1294 zur Hanse gehörte, mag sich auch auf den Handel in Frankenstein günstig ausgewirkt haben.

Das älteste Rathaus von Frankenstein ist 1345 urkundlich erwähnt. Das nach Westen führende Lochtor wird 1364 erstmals genannt und die um 1300 erbaute herzogliche Burg wird im Jahr 1376 bezeugt.

Frankenstein hatte im Jahr 1285 schon eine Pfarrkirche aus Holz. Diese blieb aber Filialkirche von Zadel, entsprechend der Erbauung des Frankensteiner Stadtkerns auf dem Grund des Dorfes Zadel. Das blieb so bis zum Ende des 14. Jahrhunderts obwohl Zadel schon ab 1322 Stadtdorf von Frankenstein war. Als erster Pfarrer von Zadel und Frankenstein wird 1292 Cristanus genannt.

Die Stadt Frankenstein hatte innerhalb der Befestigungen eine Größe von 21 ha. Von Löwenstein und Frankenberg hatte Frankenstein aber nicht nur Teile des Namens erhalten, aus den beiden Orten zogen auch viele Bürger, Kaufleute und Handwerker nach Frankenstein. Vogt von Frankenstein war 1290 der aus einem Lokatorengeschlecht stammende Hermann von Reichenbach. Schon für das Jahr 1292 (Urkunde des Klosters Kamenz, Nr.XLVIII) ist ein "SIGILLUM. CIVIUM. DE. FRANKINSTEIN" nachgewiesen. Das Siegel zeigt über mehreren Hügeln, dem "Stein", eine Burg und über deren Zinnenmauer mit Tor drei spitz bedachte Türme. Aus dem Mittelturm der Feste wächst der schlesische Adler mit Brustmond, aber ohne Kreuz.

Bereits 1298 verlieh Bolko I. von Schweidnitz-Münsterberg der Stadt Frankenstein das Niederlagsrecht für Salz und Blei.

2. Frankenstein und seine Blüte zur Zeit Kaiser Karl IV.

Im Jahr 1319 stiftete der Erbvogt Ritter Johannes Secklin das St.Georgs-Hospital. 1334 bestätigte Herzog Bolko II. von Münsterberg Frankenstein das Fischereirecht, 1335 befreite er die Stadt vom Roßdienst. 1351 erlangte Frankenstein die Obergerichtsbarkeit, welche die Erbvögte ausübten. Es wurden der Stadt 7-11 Schöffen zugestanden

Innerhalb von nicht einmal 100 Jahren entstand an der alten "Königsstraße" eine bedeutende deutsche Stadt:

unser Frankenstein!

Um 1330 entstand die manessische Handschrift, die Heidelberger Liederhandschrift. In ihr ist der deutsche Minnesänger "Heinrich von Pressela" abgebildet: Er führt den schlesischen Adler im Wappenschild und nimmt den Siegerkranz aus der Hand adliger Damen entgegen.

Heinrich von Pressela soll Herzog Heinrich IV. von Breslau gewesen sein, der Gründer von Frankenstein!

(Abbildung aus der man.Handschrift)

Wie ging es weiter mit Frankenstein?

Der Vertrag von Trentschin und seine Auswirkungen auf Schlesien und Frankenstein

Wechselvoll sind die Geschicke der Stadt im 14. und den folgenden Jahrhunderten.

Das Schicksal von Frankenstein als Teil des Herzogtums Münsterberg zu dem es durch Erbteilung gehörte, war meistens eng mit dem Schicksal der Nachbarstadt verbunden. Herzog Bolko II.(1321-1341) der Begründer der Münsterberger Herzogslinie wollte die Oberhoheit König Johanns von Böhmen nicht anerkennen.

Es stand zu der Zeit noch immer eine Einigung Polens mit dem 1311 in Prag gekrönten Böhmenkönig Johann von Luxemburg (1310-1346) aus. König Johann erhob Ansprüche auf den polnischen Thron. Der polnische König hingegen wollte die schlesischen Gebiete, die dem böhmischen König mittlerweile lehnspflichtig geworden waren, zurückgewinnen. Über diese Fragen verhandelten beide Seiten im Jahr 1335 auf ungarischem Boden in Trentschin. Dort schloß man den für Schlesien bedeutenden "Vertrag von Trentschin" ab. Die Bevollmächtigten des polnischen Königs Kasimir III. verzichteten für alle Zeiten auf die schlesischen und polnischen Gebiete (Masowien), deren Fürsten schon Böhmen gehuldigt hatten oder bereits unmittelbar böhmischer Besitz waren. König Johann verzichtete gegen Zahlung von 20.000 Schock Groschen auf den polnischen Königstitel.

Jetzt war der König von Böhmen, Johann von Luxemburg, der über ganz Schlesien gesetzte Oberherr.

Der Name Schlesien findet jetzt für das ganze Land Anwendung. König Johann nennt sich mit Recht Anno 1344 "Supremus Princeps Slezianorum".

Doch der Polen-König Kasimir hielt sich nicht an den Vertrag von Trentschin. Er versuchte seine Einflüsse auf Schlesien zu festigen in dem er die Stadt Namslau von dem Schweidnitzer Boleslaw als Pfand einnahm. So kam es 1345 zu offenem Krieg. Nach dem nicht gelungenen Angriff auf das Herzogtum Schweidnitz griffen die böhmischen Truppen Krakau an, welches aber ebenfalls die Belagerung durchhielt. Nachdem 1346 König Johann in der Schlacht bei Crécy/Frankreich an der Seite Frankreichs gegen die Engländer gefallen war, wurde sein Sohn Karl IV. (1346-1378) König von Böhmen. Durch Druck der päpstlichen Kurie, die Karl, den neuen Böhmenkönig unterstützte, kam es zum Waffenstillstand mit den Polen. Kasimir entschloß sich 1348 in Namslau zum Abschluß des Friedens. Durch diesen Frieden und den anschließenden Prager Vertrag vom Jahr 1356 wurden die realen Möglichkeiten eines Anschlusses Schlesiens an das Königreich Polen ausgeschlossen.

Auch Bolko II. von Münsterberg, Ur-Urenkel der hl Hedwig und Heinrich I., der Herr über Frankenstein, hatte bereits die böhmische Oberhoheit anerkennen müssen.

König Johann hatte nämlich seinen Sohn Karl, Markgraf von Mähren und späteren deutschen Kaiser Karl IV., entsandt. Dieser erschien 1335 vor Frankenstein und belagerte die Stadt und Burg. Nach keineswegs erfolgloser Verteidigung erkannte Bolko II. schließlich doch die Oberlehenshoheit Böhmens im Vertrag zu Straubing vom 29.8.1336 an.

Im Jahr 1337 verpfändete Bolko II. Stadt und Weichbild von Frankenstein an den König von Böhmen. Bolkos Sohn Herzog Nikolaus von Münsterberg wandelte die Verpfändung in einen Verkauf um. So wurde Frankenstein 1358 für 6.000 Mark Prager Groschen mit allen "Zugehörungen nebst erblichen Rechten" an Böhmen verkauft. Die junge deutsche Stadtgründung, welche erst 1286 Stadtrechte erhalten hatte, war nur 72 Jahre später ein bedeutender, wertvoller Besitz!

Im Wappen von Frankenstein tritt jetzt zu dem schlesischen Adler der gekrönte zweischwänzige böhmische Löwe.

Als im Jahr 1346 König Johanns Sohn Karl IV. König von Böhmen wurde, begann für Schlesien eine Zeit des ungestörten Friedens und Aufschwungs. Im Jahr 1348 gründete Karl IV. in Prag die erste deutsche Universität. Sie wurde "die schlesische Universität", zu ihr zogen Schlesiens Söhne aus den alten Herzogsstädten der Piasten.

Karl IV. von Luxemburg heiratete am 28.Mai 1353 die junge Anna, die Nichte und Erbin des kinderlosen Herzogs Bolko von Schweidnitz. Am Ostersonntag, dem 5.April 1355 wurden Karl IV. und Anna von Schweidnitz, in Rom zum deutschen Kaiser und Kaiserin gekrönt.

Eine Schlesierin wurde deutsche Kaiserin! (Anna * 1339, sie starb am 11.7.1362 im Kindbett)

Als Kaiser Karl IV. im Jahr 1378 starb wurde er vom ganzen Land Schlesien betrauert.

Des Kaisers Nachfolger wurde sein Sohn Wenzel. Doch der hatte nichts von seinem Vater. Er war ein Trunkenbold und bei aller Gutmütigkeit jähzornig. Aus Jähzorn hatte er 1393 den Hl.Johann von Nepomuk in der Moldau ertränken lassen. Der Heilige wurde später auch im Frankensteiner Land sehr verehrt.- Das Haus Luxemburg hatte Schulden, die Wenzel nicht zahlte. So bekam Frankenstein ab 1378 die Markgff. von Mähren und Hz. von Troppau als Pfandherren.

Die der hl.Anna geweihte Kirche von Frankenstein, wo es bereits eine Pfarrschule gab, wurde zum Ende des 14.Jahrhunderts selbständige Pfarrkirche.

Im Jahr 1372 verzichtete übrigens auch der Nachfolger Kasimirs III., sein Neffe König Ludwig von Ungarn-Polen (1370-1382) zu Prag auf alle Ansprüche Polens in Schlesien zu Gunsten des deutschen Kaisers Karl IV.!

Schlesien gehörte mit Frankenstein zum deutschen Kaiserreich Karls IV. von Luxemburg!

(2. Stadtplan 1400-1500)

 

 

3. Frankenstein im 15.Jahrhundert mit den Hussitenkriegen.

Kaiser Karl IV. hatte Prag zur "Goldenen Stadt" gemacht, so wie wir es heute noch kennen. Mit seiner schlesischen Gattin Anna von Schweidnitz hatte er im Juli 1357 den Grundstein zur Karlsbrücke über die Moldau gelegt.

Auch die Stadt Breslau war sehr von Karl IV. gefördert worden. Sicher weilte er öfter in der Stadt an der Oder, wie später seine Söhne König Wenzel (1378-1411), der in Breslau den sogenannten "Pfaffenkrieg (es ging um ein Fässchen Schweidnitzer Bier!) schlichtete und dann Kaiser Sigismund (1419-1437). Dieser hielt 1420 in Breslau einen Reichstag ab, den einzigen deutschen Reichstag auf schlesischem Boden.. Ihre Reise auf der "Königsstraße" zwischen Prag und Breslau über den Paß von Wartha dauerte mehrere Tagesritte. Am Weg lag Frankenstein. Sicher haben sie mit ihrem Gefolge und Troß in der Burg zu Frankenstein gerastet. Die Stadt war ein blühendes Anwesen geworden. Nachdem die alte hölzerne Pfarrkirche abgebrannt war, bauten die Frankensteiner in den Jahren 1413-1415 aus Stein eine neue große Kirche St.Anna. Nur einige Meter entfernt befand sich der Rest eines alten Wehrturmes von der ältesten Stadtbefestigung in dem sich unten ein Gewölbe befand, in das man nur von oben gelangte. Das mächtige Mauerwerk bot sich an, einen neuen Glockenturm darauf zu bauen. Auch in Neisse, dem schlesischen Rom, hatte man etwa 20 Jahre vorher mit dem Bau einer großen Kirche St.Jakobus begonnen, als deren Baumeister Peter von Frankenstein genannt wird. Auch hier wurde ein großer Glockenturm neben der Kirche geplant. Den Glockenturm in Frankenstein soll Baumeister Geiß dann absichtlich "schief" erbaut haben. Tatsächlich beträgt die Neigung des schiefen Turmes von Frankenstein 1,5 m. Doch "schief" wurde der Turm dann erst Ende des 16.Jahrhunderts.

Über die Königsstraße von Böhmen her zogen nicht nur Kaiser, Könige, Händler und Kaufleute nach Frankenstein. Auf dieser Straße kamen auch Räuberbanden und Kriegsheere. Und es kam die Geißel der Menschheit, die Pest. Unter der Lage an dieser Heerstraße bekam Frankenstein besonders zu leiden während der Hussitenkriege.

Die Hussitenplage

König Wenzels Bruder Sigismund hatte in seiner Eigenschaft als römischer König auf dem Konzil in Konstanz am 6.7.1415 den Prager Professor und Geistlichen Johann Huß verbrennen lassen.

Huß war ein Anhänger des englischen Reformators Wiklef und forderte eine Reformation der Kirche, besonders des Abendmahls. Mit dieser religiösen verband sich aber eine politische Bewegung, denn Huß stand an der Spitze einer tschechischen Partei, welche die Deutschen an der Universität Prag entmachten wollte. Er schürte den Deutschenhaß. König Wenzel von Böhmen trug den Forderungen Rechnung, indem er aus den vier "nationes", von denen drei deutsch waren und eine böhmisch, nun drei Stimmen den Böhmen und nur noch eine den Deutschen zubilligte. Mehrere tausend Studenten, hauptsächlich Schlesier, verließen daraufhin 1409 Prag zusammen mit den deutschen Professoren, voran Johannes Otto von Münsterberg (geboren um 1360 in Münsterberg). Sie gingen nach Leipzig wo sie die dortige Universität gründeten. Der erste Rektor der Universität Leipzig war Johannes Otto von Münsterberg aus dem Herzogtum Münsterberg-Frankenstein.

In Frankenstein wurde 1415 die Kirche St.Anna fertig, und 1418 begann man mit dem Bau eines neuen Pfarrhauses, in dem wohl ein Raum zur Pfarrschule eingerichtet wurde.

Nach der Hinrichtung von Joh.Huß 1415 in Konstanz kam es in Prag zu schlimmen Ausschreitungen seiner Anhänger gegen alles deutsche. In diesen Wirrnissen starb König Wenzel 1419. Die Böhmen wollten jetzt seinen Bruder Sigismund nicht als Nachfolger anerkennen und boten den Königsthron dem polnischen König an. Die Schlesier standen aber auf Seiten von König Sigismund, denn man hatte schließlich lange genug um die Unabhängigkeit von Polen gekämpft.

Hauptsächlich auf die Kräfte von Schlesien, Ungarn und Mähren gestützt, unternahm Sigismund 1420 den Kampf mit Böhmen, der unter dem Namen "Hussitenkriege" 15 Jahre lang Schlesien entsetzlich verwüstet hat.

Bis 1425 führte Sigismund Angriffskriege gegen Böhmen. Er drang bis Prag vor und ließ sich auf dem Hradschin zum König von Böhmen krönen. Auf seinen Befehl wurden viele Hussiten verbrannt.

Dann begannen die vergeltenden Raubzüge der Hussiten in die Nachbarländer Böhmens, besonders nach Schlesien. Keine Stadt außer Breslau blieb in der Zukunft von ihnen verschont und Frankenstein lag direkt am Weg an der Straße von Prag ins schlesische Land. Die Hussittenkriege brachten eine neue Art der Kriegführung auf. Die Hussiten waren Meister in der Verteidigung im freien Feld. Sie fuhren ihre Wagen zu Wagenburgen zusammen und versahen diese mit Feuerwaffen größeren und kleineren Kalibers. Sie haben wohl auch die Artillerie für die Feldschlacht nutzbar gemacht. Die ritterliche Kriegskunst der schlesischen Fürsten war dagegen in vielen kleinen Fehden heruntergekommen. Wie leicht wären die Zugänge nach Schlesien durch das Gebirge auch mit schwachen Kräften zu verteidigen gewesen! Doch ohne eine stärkere Verteidigung war das Herzogtum Münsterberg mit dem Frankensteiner Land das gegebene Durchmarschgebiet und den haßerfüllten, tschechischen Horden preisgegeben. Am 3.Dezember 1425 erschienen die wilden Scharen vor Wartha, das da schon ein beliebter Wallfahrtsort und eine Probstei des Klosters Kamenz war. Sie ließen die Kirchen in Flammen aufgehen. Dann wurde das Kloster Kamenz überfallen. Hier verbrannten sie u.a. die kostbare Bibliothek. Der Pater Bibliothekar kam in den Flammen um. Die Vorräte des Klosters wurden weggeschleppt. Auf der alten Deutschenburg in Nimptsch, nördlich von Frankenstein, setzten sich die Hussiten auf längere Zeit fest.

1427 auf einer Tagung in Strehlen trafen die schlesischen Stände endlich scheinbar ernste Vorbereitungen zu einem einheitlichen Einmarsch in Böhmen. Doch die Tschechen kamen ihnen mit einem Angriff auf die Lausitz und Niederschlesien zuvor. Mit unermeßlicher Beute entkamen sie über den Landeshuter Paß.

1428 wurden sie durch den Kleinmut der Landesverteidiger zu neuem, noch größerem Raubzug angelockt. Alles verheerend fluteten mächtige Hussitenschwärme von Troppau her gegen das Bischofsland von Neisse. Vergebens versuchten die bischöflichen Mannen unter dem Oberbefehl des Frankensteiner Landeshautmanns Puota von Czastolowitz, des besten Kriegsmannes der Zeit, den Gegner vor den Toren der Stadt Neisse aufzuhalten und zu vernichten. Sie wurden kurzer Hand besiegt, und ihres Kriegsgerätes beraubt, mußten sich die Verteidiger in die Stadt zurückziehen. Sie mußten froh sein, daß diese durch Puotas Geschick gehalten werden konnte. Bei ihnen befand sich auch der jugendliche Herzog Johann von Münsterberg. Die siegreichen Hussiten warfen sich unter gründlicher Verwüstung der bischöflichen Städte und Dörfer auf Patschkau, das sie unter der üblichen Grausamkeit einäscherten. Nach Geldzahlungen des Münsterberger Herzogtums wandten sie sich in nördliche Richtung gegen Brieg. Doch Frankenstein drohte bereits neue Gefahr durch hussitische Verstärkungen, die von Süden her marschiert waren und sich bei Reinerz des festen Hummelschlosses bemächtigt hatten. Sie wollten Glatz erobern und damit die Heerstraße über den Paß von Wartha nach Schlesien beherrschen. Die Umsicht des Frankensteiner Landeshauptmannes bewährte sich hier wieder. Er brachte Stadt und Schloß Glatz durch Befestigungen in Verteidigungszustand. Die Hussiten mußten den Versuch der Erstürmung aufgeben. Nach Verbrennung der Vorstädte zogen sie zum Paß von Wartha. Das gerade im Wiederaufbau befindliche Städtchen wurde wieder verwüstet, auch Frankenberg wurde geplündert und verbrannt. Dann standen die Hussiten am 30.März 1428 wieder vor Kamenz. Und hier ließen sie ihre Wut über den Mißerfolg von Glatz aus. Die Mönche waren geflohen. Sie hatten die Klosterverwaltung dem Pfarrer von Baitzen übertragen, der wurde ermordet. Der Pfarrer von Heinrichswalde wurde zu Tode geprügelt. Kloster und Kirche Kamenz wurden angezündet und ausgebrannt. Sieben Jahre blieben sie Ruine.

Dann Karfreitag 2.April 1428 warfen sich die Hussiten-Horden auf Frankenstein. Die schwache Stadt wurde gestürmt und ausgeplündert. Am ärgsten hausten die Horden im Dominikanerkloster. Daß der Subprior ihnen ins Gewissen zu reden versuchte, reizte sie derartig, daß sie Heiligenbilder, Statuen und Altartrümmer auf dem Kirchplatz zu einem Scheiterhaufen stapelten und den mutigen Priester lebendigen Leibes verbrannten. Einen Klosterbruder hieben sie in Stücke, weil er gegen die Hussiten gepredigt habe, einen anderen hängten sie an einen Flügel des Breslauer Tores und töteten ihn durch Pfeilschüsse. Schließlich wurde Frankenstein an allen Ecken angezündet, die Pfarrkirche St.Anna brannte aus. Auch die Dörfer rundum wurden verbrannt.

Die Burg, in der wohl viele Frankensteiner Zuflucht gefunden hatten, vermochten sie nicht zu brechen. Dann zogen die Hussiten in Richtung Reichenbach ab.

Im Dezember des gleichen Jahres schoben sich wieder vom Hummelschloß Hussiten-Scharen auf der großen Straße Richtung Glatz vor. Sie errichteten bei Schwedeldorf am Roten Berg ein Standlager, um bei Gelegenheit Glatz zu überfallen. Inzwischen war es Herzog Hans von Münsterberg gelungen, ein kleines Heer aufzustellen. Mit diesem griff er am 27.12.1428 nach Sonnenuntergang die mit Schießwaffen armierte Wagenburg der Hussiten an. Doch sie liefen ins Feuer der Verteidiger und prallten entsetzt zurück. Der Angriff wurde zur wilden Flucht. Herzog Hans wurde von seinen Leuten mit fortgerissen. Bei dem Versuch einen Graben zu überspringen blieb sein Pferd im Sumpf stecken. Die nachfolgenden Hussiten erschlugen ihn. Sein Tod war für ganz Schlesien ein folgenschweres Ereignis. An der Stelle an welcher der letzte Piastenherzog des Münsterberg-Frankensteiner Fürstenhauses sein Leben ließ, wurde bei Alt-Wilmsdorf nahe Bad Reinerz zu seinem Gedenken eine Kapelle errichtet.

Die siegreichen Hussiten-Horden ergossen sich jetzt ungehindert plündernd und mordend bis Ohlau und Brieg an der Oder, dann zurück über Strehlen und Münsterberg, welche wie das verlassene Kloster Heinrichau in Flammen aufgingen. Das verödete, ausgeplünderte Frankensteiner Land mit seiner dünn gewordenen Bevölkerung blieb auch weiter das Durchmarschgebiet der Horden.

Münsterberg wurde nach dem Tod des letzten Piasten Johannes von Münsterberg vom böhmische König an Puota von Czastolowitz verpfändet. 1429 erhielt dieser auf gleiche Weise auch Frankenstein.

Leider begannen viele Adlige sich mit den Hussiten zu verbünden oder begannen unter deren Schutz das Leben von Raubrittern. 1430 machten dann die Polen und Tschechen gemeinsame Sache. Da bestand die Gefahr, daß Schlesien dem Deutschtum verloren ging.

Friedensverhandlungen kamen erst in Fluß als die Tschechen 1433 auf dem Konzil in Basel unter Mitwirkung von Kaiser und Reich in ihren religiösen Forderungen zurücksteckten und dafür einige Zugeständnisse erzielten. 1434 kam es unter den entzweiten Hussiten zur Schlacht bei Böhmisch-Brot wo die gemäßigteren Kalixtiner gesiegt hatten. Jetzt kam endlich ein Frieden mit den Hussiten zustande und damit die Befreiung Schlesiens von dieser Geißel. Es sollte lange dauern bis sich das Land erholte.

Frankenstein nach den Hussiten-Kriegen

1437 war König Sigismund gestorben. Sein Nachfolger wurde Albrecht II. von Österreich, sein Schwiegersohn, der Gatte seiner Tochter Elisabeth. Doch dieser starb bereits 1439 gegen die Türken.

Die Schlesier bewahrten Albrecht die Treue, indem sie an seinem nachgeborenen Sohn Ladislaus Posthumus und seiner für ihn regierenden Mutter Elisabeth festhielten. Sie standen der Witwe in einem Krieg gegen Polen bei. Als Elisabeth plötzlich starb wurde ein emporgekommener böhmischer Edelmann Georg Podiebrad Vormund des Kleinen Ladislaus. Dieser wurde in Wien am Hof seines Onkels Friedrich II. erzogen. Die Auslieferung des Knaben an Podiebrad wurde verweigert, worauf dieser sich als Gubernator von Böhmen ausrufen ließ.

Im Jahr 1440 begannen die Frankensteiner mit der Wiederherstellung ihrer Pfarrkirche St.Anna, die um 1465 beendet war. Podiebrad hatte inzwischen den jungen Ladislaus in seine Gewalt und unter seinen Einfluß gebracht. Die Breslauer waren durch einen Mönch gegen den "Hussen und Ketzer Podiebrad" aufgebracht worden. Sie weigerten sich, Podiebrads Schützling, dem jungen König Ladislaus in Prag zu huldigen. Ladislaus ging daher zur Huldigung nach Breslau und die Breslauer zahlten dafür lieber eine Strafe von 15.ooo Gulden. Dieses Geld benutzte Georg Podiebrad zum Ankauf der schlesischen Gebiete Glatz und Münsterberg mit Frankenstein. Podiebrads Verhältnis zu dem jungen König wurde immer gespannter. Als König Ladislaus 1457 erst 18jährig starb, beschuldigte man allgemein Podiebrad des Meuchelmordes. Jetzt wählten die Böhmen Georg Podiebrad zum König. Für Schlesien kamen wieder unruhige Zeiten. In den Jahren 1459/62/65 wurden die Söhne von Georg von Podiebrad mit dem Herzogtum Münsterberg einschließlich Frankenstein belehnt. Nun hatten aber die Ungarn Matthias Korvinus zu ihrem König gewählt, den Sohn ihres Nationalhelden Hunyad, und die Schlesier fochten auf Grund eines von Kaiser Karl IV. erlassenen und in die "Goldene Bulle" aufgenommenen Gesetzes, die Wahl Podiebrads an.

Im Jahr 1468 während der Auseinandersetzungen zwischen dem hussitischen Georg v.Podiebrad und Matthias Corvinus von Ungarn wurden Stadt und Schloß Frankenstein vom 16.August an von den Breslauern belagert. Am 16.September wurde das Schloß erstürmt und stark beschädigt. Doch die Breslauer verloren Frankenstein wieder an die Böhmen. 1471 starb König Podiebrad und die Böhmen wählten Wladyslaw, den Sohn des Polenkönigs. Doch 1479 war König Matthias Corvinus von Ungarn unbestrittener Herr in Schlesien. Doch wieder hatte in den Jahren 1488/89 Frankenstein zu leiden, jetzt im Kampf zwischen König Mathias von Ungarn mit Heinr.d.Älteren von Münsterberg. Am 22.1.1489 kapitulierte die böhmische Besatzung des Schlosses. Da erhielt 1490 Heinrich I., d.Ältere aus dem Geschlecht Podiebrad, Schloß Frankenstein zurück. Endlich sollte etwas Ruhe einkehren.

Doch König Matthias von Ungarn starb 1490 und sein außerehelicher Sohn Johann Corvin wurde von den Schlesiern nicht anerkannt. Sie stellten dem Böhmenkönig Wladyslaw gewisse Bedingungen und nach deren Gewährung (das Landesprivileg von 1498) huldigten sie ihm als ihrem König.

1492 am 12.Oktober entdeckte Kolumbus Amerika.

Frankenstein war da bereits mehr als 200 Jahre alt, eine deutsche Stadt. Doch von der Entdeckung der "Neuen Welt" hörte man damals in Frankenstein noch nichts.

 

4. Frankensteins Aufblühen und der Einzug der Reformation.

Als Wladyslaw 1516 starb hinterließ er einen 10jährigen Sohn der als König Ludwig bis 1526 regierte. Er starb in der Schlacht bei Mohacz gegen die Türken.

Im Fürstentum Münsterberg war zu der Zeit seit 1511 Karl I. Herzog von Münstberg-Oels und Graf zu Glatz (Sohn von Heinrich I. d.Älteren) der alleinige Herrscher. Karl I. war ein gebildeter, hoch angesehener Fürst. Er widmete sich besonders dem Aufbau der durch die Hussiten und die späteren Kriegshandlungen verarmten und verelendeten Stadt Frankenstein und dem Bau des Schlosses.

Das Schloß sollte Karls Orientierung nach Ungarn entsprechend ein Abbild der Ofener Königsburg werden, ein fürstlicher Wohnsitz und Rastort für Kaiser und Könige wenn sie nach Schlesien kämen. Der riesige 1517-1532 errichtete Bau blieb aber ein Torso. Obwohl unfertig zog Herzog Karl mit seiner Gattin im Jahr 1530 in das Schloß von Frankenstein ein. Er starb jedoch nur 6 Jahre später am 21.5.1536 in Frankenstein. In der Pfarrkirche St.Anna wurde er beigesetz, neben ihn 1541 seine Gattin Anna. (das alles ist ein eigenes Kapitel wert, s.Anhang Nr.1)

(Zeichnung: Schloß von Frankenstein vor der Zerstörung)

Unter Karls Söhnen hielt die Reformation Einzug in Frankenstein. Sie verpfändeten Münsterberg und Frankenstein im Jahr 1542 an Herzog Friedrich II.von Liegnitz. Dieser hatte sich der Reformation angeschlossen, dem Beispiel seines Schwagers Markgraf Georg von Brandenburg folgend. Markgraf Georg war übrigens in 2.Ehe mit der jungen Tochter des Herzogs von Münsterberg und Frankenstein verheiratet.

Luthers Auftreten im Jahr 1517 war auch in Schlesien viel beachtet worden. Seine 95 Thesen waren hier schon wenige Wochen nach ihrer Veröffentlichung bekannt.

Als 1526 König Ludwig im Krieg gegen die Türken umgekommen war, stand fest,daß nur sein Schwager Ferdinand I. von Österreich sein Nachfolger werden sollte. Ferdinand wurde von den Böhmen gewählt und auch von den Schlesiern anerkannt, obwohl da viele schon Anhänger Luthers waren. Noch zu Ferdinands Lebzeiten huldigten die Schlesier seinem Sohn Maximilian als ihrem Lehnsherrn. Er hat dann als Maximilian II. ab 1564 regiert.

1552-1559 hatte Königin Isabella von Ungarn die Pfandherrschaft über Frankenstein und Münsterberg inne. Und 1568 wütete wie schon 1521 wieder die Pest in Frankenstein.

1569 kam das Fürstentum Münsterberg mit Frankenstein an den Habsburger Kaiser Maximilian II. (1564-1576), König von Böhmen. Nachdem dieser 1570 eine neue Landesordnung erlassen und die Zusammengehörigkeit von Münsterberg und Frankenstein bekräftigt hatte, war das Schloß in Frankenstein nur noch Sitz von königlichen Landeshauptleuten.

Die Schlesier als Anhänger Kaiser Maximilians wurden jetzt zu hohen Abgaben gezwungen, um die Abwendung der Türkengefahr bei Wien zu finanzieren. Sie gaben gerne und auch in Frankenstein wird am Morgen und Abend die "Türkenglocke" zum Gebet um Abwendung dieser Gefahr geklungen haben.

Seit 1574 war Kaiser Maximilians Bruder Rudolf II. der Oberherr von Schlesien. In Frankenstein baute man die Wehranlagen der Stadt weiter aus, die schon durch Herzog Karl I., den Erbauer des Schlosses gut befestigt worden war. Ahnte man kommendes Unheil?

Zu der Zeit wurde der Glockenturm von St.Anna zum "schiefen" Turm. Er wurde Frankensteins späteres "Wahrzeichen".

Daß Baumeister Geiß den Turm schon schief gebaut habe, ist wohl eine Fabel. Es heißt vielmehr, der Turm habe sich geneigt durch ein Erdbeben, das am 15.September 1590 in Frankenstein bemerkt wurde. Danach, so heißt es, wurden in der Faste 1592 Senkungen des Turmes festgestellt, in deren Folge die Gewölbe im Unterraum des Turmes geräumt werden mußten. Von da ab senkten sich die Fundamente wenn auch allmählich, aber doch bemerkbar und im November 1598 so plötzlich, daß sich der Turm 1½ Ellen gegen die damalige Lochgasse zu neigte. Das war der Zeitpunkt als es durch tektonische Erschütterungen 1598 in Wartha zu dem Bergsturz kam.

Von einem Arzt, namens Schilling, der 1580 in Frankenstein geboren wurde und seit 1607 dort praktizierte, wissen wir:

"Im November 1598 ist der glockenthurm alhir etwas abgewichen oder gesunken, das er sich in die 1½ ellen weit hinüber gegen Thomas Gebhards Hause bis auf heut neiget". Weiter heißt es: "Im December (1598) lissen die kirchenvätter H.Salomon Wengler und Georg Wirth den grossen Schwibbogen, der von der pfarrkirchen aufn Glockenthurm lange Zeit gegangen war und sehr rissig war, durch Caspar Zappen den mawrer (Maurer) alhir einhacken."

 

(Plan von Frankenstein = mit Häuschen-Zeichnung)

 

5. Frankenstein, die Reformation und der 30jährige Krieg.

1606 hatte die Pest wieder viele Opfer in Frankenstein und Umgebung gefordert. Trotzdem und trotz der hohen Abgaben wegen der Türkenkriege war der Wohlstand der Bürger beachtlich gewachsen.

Überall in Schlesien blühten Wissenschaft, Dicht- und Baukunst.

Seit 1574 bis 1612 war Kaiser Maximilians Sohn Rudolf II. Oberherr in Schlesien. Rudolf II. mußte den Protestanten in den Ländern Böhmen und Schlesien weitgehende Religionsfreiheit gewähren. Das Auftreten Luthers 1517, seine 95 Thesen und die weiteren Folgen waren auch in Schlesien viel beachtet worden. Allerdings hofften die Anhänger der alten wie der neuen Lehre lange, daß es zu einem Ausgleich der Meinungen käme. Erst nach dem Tridentiner Konzil mußte man diesen Gedanken aufgeben. Von 1612 –1619 kam Schlesien mit Böhmen an Rudolfs Bruder König Matthias.

Die wechselvollen Ereignisse des sich ankündigenden 30jährigen Krieges sollten Frankenstein und sein Schloß erneut zum Spielball der kriegführenden Parteien werden lassen.

Von den böhmischen Unruhen, die dem Prager Fenstersturz am 23.Mai 1618 voran gingen wußte man in Frankenstein nicht viel. Im Dezember 1618 rückten die ersten kaiserlichen Truppen in Böhmen ein. Vergeblich versuchten die schlesischen im Verein mit den anderen Fürsten zwischen den Parteien zu vermitteln. Schließlich stellten die Schlesier den Böhmen ein kleines Hilfsheer und damit waren sie in den furchtbaren 30jährigen Krieg verwickelt.

Die Böhmen hatten sich geweigert nach Kaiser Mathias Tod am 20.3.1619 den Thronfolger Ferdinand zum König zu wählen, sondern trugen die Krone Friedrich V. von der Pfalz an. Auf einem General-Landtag haben dann auch die schlesischen Gesandten für die Wahl des Kurfürsten Friedrich V. gestimmt. Im Frühjahr 1620 kam dieser über Frankenstein zur Huldigung nach Breslau, wo man ihn als ersten evangelischen Herrscher mit erlesener Pracht empfing. Im gleichen Jahr wurde er dann in der Schlacht am Weißen Berge geschlagen und floh über Breslau nach Berlin zu seinem Schwager. Ferdinand war zum deutschen Kaiser gewählt worden und widmete sich jetz der Gegenreformation. Das Unheil des Krieges brach 1621 über das Frankensteiner Land herein, über Schlesien so richtig 1626 als Herzog Ernst v.Mansfeld nach seiner Niederlage durch Wallenstein an der Dessauer Brücke mit einem Heer von 20 000 Mann auf der Flucht durch Schlesien zog. Das Land stand dieser feindlichen Truppe wehrlos offen. Doch die nachdringenden Wallensteinschen Truppen hausten viel schrecklicher im Land obwohl sie die Armee des Landesherrn darstellten. Durch Graf Hannibal von Dohna wurde in des Kaisers Auftrag rigoros und oft grausam die Gegenreformation durchgeführt.

1630 brachte dann den Siegeszug des Schweden-Königs Gustav Adolf. Jetzt war Frankenstein bald im Besitz der Kaiserlichen, bald der Schweden. 1632 drangen die Sachsen unter Führung des Grafen Arnim in Schlesien ein. Er schlug die kaiserlichen bei Steinau. Nun mußten die schlesischen Fürsten den Schweden und Sachsen ihre Länder öffnen.

1633
1633 ließen die Wallensteiner die Burg in Frankenstein durch vorgeschobene Wälle und Bastionen verstärken. Dafür rissen sie auf der "Freiheit" das Haus des Klosters Heinrichau und das benachbarte Haus des Landschreibers Nikolaus Hennenfeld (1582-1656) nieder, der von 1618 - 1637 Landschreiber in Frankenstein war. Er verfasste die "Henelii - Chronica des Münsterbergischen Fürstenthumbs und Franckensteinischen Weichbildes Anno 1630". Für Breslau schuf er die Bezeichnung als "Blume Europas".
Und 1633 wütete wieder die Pest in Frankenstein.

1634 schlug Graf Arnim noch einmal die Kaiserlichen bei Lindenbusch(Liegnitz). Zu der Zeit schloß der Kurfürst von Sachsen 1635 zu Prag einen Separatfrieden mit dem Kaiser. Der Kurfürst stimmte harten Bedingungen für Schlesien zu.

1637 folgte Ferdinand III. seinem Vater als Kaiser. Er war nicht minder katholisch gesinnt und betrieb die Gegenreformation mit größter Strenge. Nachdem die Schweden Schlesien für kurze Zeit verlassen hatten, brach 1642 General Torstenson mit seinen Scharen im Lande ein. Von den kaiserlichen verdrängt kehrte er 1645 zurück und zog wieder am Gebirge entlang bis zum Jablunka-Paß alle festen Städte und Schlösser einnehmend. Da wurde auch Frankenstein von den Schweden besetzt. Furchtbare Verwüstungen in der Stadt und ihrer Umgebung waren die Folgen des wütenden Kampfes um den Besitz des Frankensteiner Schlosses. Den Höhepunkt der Kämpfe bildete das Jahr 1646, wo es den kaiserlichen gelang, die Schweden engültig zu vertreiben. Unmittelbar nach dem Abzug der Schweden wurde mit der Zerstörung begonnen, das Schloß wurde gesprengt. Seit dieser Zeit ist es die größte Burgruine Schlesiens. (darüber berichtete der Stadtschreiber, s.Anhang Nr.2)

Endlich machte der "Westfälische Frieden" zu Münster und Osnabrück 1648 dem Kriegsleiden ein Ende.

Frankenstein nach dem 30jährigen Krieg

Nach dem Friedensschluß von 1648 wurde in Schlesien die Gegenreformation strikt weiter fortgesetzt. Die Evangelischen verloren die meisten ihrer Kirchen, was das Haus Habsburg bei den Protestanten Schlesiens nicht beliebter machte. Es wurden den Evangelischen dann die drei "Friedenskirchen" in Schweidnitz, Jauer und Glogau zugestanden. Dagegen wurden viele neue Klöster gegründet, so in Frankenstein das Dominikanerkloster. Unter dem Einfluß der Klöster Kamenz und Heinrichau wurde im Raum Frankenstein-Münsterberg der Katholizismus wieder das herrschende Bekenntnis.

Die wirtschaftliche Stärke Frankensteins basierte vor allem auf Handel und Tuchmacherei (Zunft seit 1335) Jetzt gab es einen kulturellen und endlich auch wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung. Es blühte der Leinenhandel, es blühte die Baukunst. Die ausgeplünderten, ausgebrannten Kirchen bekamen eine neue Ausstattung im jetzt herrschenden Stil des Barock und Rokoko, so auch St.Anna in Frankenstein wo nur weniges die Brände überstanden hatte, wie die Figur der Hl.Anna Selbdritt von 1493. Auch die Kirche der Dominikaner wurde gebaut. Heinrich Franz Brosinger baute 1687 die Kreuzgänge im Dominikaner-Kloster zum Hl.Kreuz.

1654 übertrug Kaiser Ferdinand III. das Fürstentum Münsterberg mit Frankenstein erb- und eigentümlich dem Reichsfürsten Weikhard v.Auersperg wegen seiner Verdienste um das Haus Habsburg. Am 17.8.1654 erfolgte auf dem Schloß in Frankenstein die Huldigung der Stände vor dem Bevollmächtigten des Fürsten Auersperg, dem Grafen Christoph Leopold von Schaffgotsch. Dieser war der Sohn des 1635 wegen Verrats in Regensburg hingerichteten Hans Ullrich v.Schaffgotsch.

1657 folgte Kaiser Leopold I.seinem Vater Ferdinand III. in der Regierung. Am 21.11.1675 starb der letzte Piast Prinz Georg Wilhelm v.Liegnitz, Brieg und Wohlau erst 15jährig. Kaiser Leopold nahm sofort Besitz von den Fürstentümern. Als erbberechtigter Nachfolger hörte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der in einen Krieg mit Schweden verwickelt war, erst im Kriegslager vom Tod des jungen Prinzen. Er machte aber beim Kaiser sofort seine Erbansprüche geltend.

1683 wurde Wien unter Mitwirkung des polnischen Königs Johann Sobieski von den Türken befreit. Sobieskis Heer mußten hauptsächlich die Schlesier finanzieren. Sie waren durch ihren Fleiß bereits wieder zu Wohlstand gekommen. Der Handel blühte, besonders der Garn-und Leinenhandel blühte erstaunlich auf. Seine Absatzgebiete waren Polen, Frankreich, England, Spanien, die Niederlande und selbst Amerika.

Polen erhielt 1697 einen neuen König. Es war in Personalunion August der Starke von Sachsen.

.

6. Frankenstein kommt zu Preußen

Friedrich der Große in Frankenstein

Unter Kaiser Leopold I.wurde in Breslau die Jesuitenschule zur Hochschule Leopoldina ausgebaut und gewann immer weiterreichende Bedeutung. 1705 starb Kaiser Leopold und sein Sohn Joseph I. folgte ihm auf den Thron. Im Jahr 1707 kam es zum "Altranstädter Vertrag" mit dem Schwedenkönig

Karl XII., der war durch Schlesien gekommen, als er seinen Gegner August von Polen verfolgte.

Der Vertrag betraf auch Münsterberg mit Frankenstein. Es wurde bestimmt, daß alle Kirchen, die nach 1648 den Evangelischen entzogen wurden, diesen zurückgegeben werden mußten.

1711 kam Karl VI. in Österreich an die Regierung. In Sachsen starb 1733 August der Starke, König von Polen, der Dresden und Warschau zu prächtigen Städten ausgebaut hatte. Auch sein Sohn war als August III. König von Polen.

1740 starb im Oktober in Österreich Karl VI. und hinterließ keine männlichen Erben. Doch er hatte sich schon durch Jahre bemüht, die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia zu sichern. Dafür gab er ein neues Erbfolgegesetz heraus "die pragmatische Sanktion". Sie wurde von fast allen deutschen und europäischen Fürsten anerkannt. Doch der Kurfürst von Bayern machte Ansprüche auf die Habsburgischen Lande geltend, und es war unklar ob die deutschen Kurfürsten den Gemahl von

Maria Theresia, Prinz Franz von Lothringen, jetzt Großherzog von Toskana, zum Kaiser wählen würden. Franz hatte 1735 zu Gunsten des Polen Stanislaus I. Leszczynski auf Lothringen verzichten müssen um Maria Theresia heiraten zu können. Stanislaus I. Leszczynski war der Schwiegervater des Königs von Frankreich. So kam es nach Karls VI. Tod zu Konflikten an denen auch Preußen beteiligt war. König Friedr.Wilhelm I. hatte nämlich in einem Vertrag zu Königs-Wusterhausen 1729 die "pragmatischen Sanktion" anerkannt, unter der Bedingung, daß ihm die rheinischen Herzogtümer Jülich und Berg beim Aussterben des Herzogshauses zuerkannt würden, auf die die Hohenzollern Erbansprüche hatten. Der Kaiser hatte die Bedingung nicht erfüllt. Daher betrachtete sich Friedrich II. als Sohn König Friedr.Wilhelms von Preußen nicht mehr gebunden zur Anerkennung des Erbfolgegesetzes.

Als am 26.Oktober 1740 Friedrich II. vom Tod Karls VI. erfuhr, teilte er schon am folgenden Tag seinen Vertrauten mit, daß er jetzt Schlesien gütlich oder mit Gewalt an sich bringen wolle. Er begann durch einen Gesandten Verhandlungen mit Maria Theresia und forderte von ihr die Abtretung Schlesiens, wofür er Schutz gegen die Gegner der "Sanktion", seine Stimme für ihren Gemahl bei der Kaiserwahl und 2 Millionen Gulden zur Rüstung ihres Heeres anbot. Maria Theresia lehnte schroff und verletzend ab. Inzwischen hatte Friedrich seine Truppen in Schlesien einmarschieren lassen, was am Wiener Hofe auch von allen fremden Gesandten als unerhörter Bruch des Völkerfriedens angesehen wurde. Die Wiener Ablehnung seines Antrages beantwortete Friedrich mit der Darlegung seiner Erbansprüche auf Schlesien.

Am Neujahrstag 1741 hatten die Preußen in Breslau die Sand-und die Dominsel besetzt. An eine ernsthafte Verteidigung gegen Friedrich war nicht zu denken. Man ließ den König mit einer kleinen Bedeckung auf sein Begehren hin in die Stadt. Friedrich zwang die Breslauer zu einen Neutralitätsvertrag.

Am 19. Februar reiste der König zu einer Truppenbesichtigung am Gebirge. Er kam am 26.Februar nach Frankenstein. Am 27.2. begab er sich zu seinen Posten an den wichtigen Gebirgspässen in die Städte Silberberg und Wartha. Die Österreicher waren darüber unterrichtet und hatten den Entschluß gefaßt, ihn durch einen Reiterüberfall gefangen zu nehmen. In Wartha erhielt der König die Nachricht, daß ein Schwarm feindlicher Husaren ihm den Rückweg abzusperren drohte. So kam es dann zur Schlacht bei Baumgarten. (das ist wieder ein eigenes Kapitel, s.Anhang Nr.3)

Im August 1741 ließ der König durch seinen Feldmarschall Graf Schwerin Breslau in einem Handstreich überrumpeln. Die Breslauer waren darüber recht erfreut und die Ratsherren leisteten den Treueschwur. Friedrichs Truppen unter Graf Schwerin rückten bis Troppau und den Jablunka-Paß vor, den sie eroberte. So war ganz Schlesien bis auf Glogau, Neisse, Brieg und die Grafschaft Glatz von den Preußen besetzt. Nun fühlten sich die protestantischen Schlesier mehr zu Preußen hingezogen, die katholischen aber mehr zu Österreich. Entsprechend seiner Toleranz befleißigte sich der König überall der größten Duldung beider Konfessionen. Maria Theresia war jetzt in die Erbfolgekriege mit Bayern verwickelt. Der König von England drängte sie, sich Friedrich vom Hals zu schaffen. So begannen Verhandlungen zwischen Friedrich und Neipperg auf Schloß Klein-Schnellendorf bei Friedland in Oberschlesien. Nach diesem Vertrag zog Neipperg mit seiner Armee nach Mähren ab. Friedrich II. galt nun bei allen Schlesiern als Landesherr. Am 4.November erfolgte der prächtige Einzug des Königs in Breslau wo nach diversen Festen am 7.November die Huldigung im Fürstensaal des Rathauses stattfand. Während des Winters kam es zu einem Teilungsvertrag zwischen Friedrich, dem Kurfürsten, Frankreich und Sachsen, die jetzt auf seiner Seite standen. Der Vertrag legte dem König einen breiten Streifen jenseits der Neisse hinzu und sicherte ihm den Besitz der Grafschaft Glatz zu. Darum schritt Friedrich zur Eroberung der Festung Glatz, die sich im Januar 1742 ergab. Im Erbfolgekrieg eroberten die gegen Maria Theresia Verbündeten Prag. Maria Theresia schien verloren doch im März wendete sich das Blatt. Den Österreichern war das Erbland Bayern in die Hände gefallen. Karl Albrecht von Bayern hatte sich nämlich von den Franzosen bereden lassen Böhmen zu verlassen und nach Frankfurt zu gehen um dort zum Kaiser gewählt zu werden. Friedrich II., der mit Truppen in Mähren stand, kam jetzt in Bedrängnis. Vom Schwager Maria Theresias dem Herzog Karl von Lothringen wurde er aus Mähren nach Böhmen verdrängt. Es kam am 17.Mai 1742 zu einer Schlacht zwischen Chotusitz und Czaslau. Die endete mit einem Sieg Friedrichs und zwang Maria Theresia zum Friedensschluß. Von den Breslauern freudig begrüßt wurde bereits am 11.Juni in Breslau der vorläufige Frieden abgeschlossen. Ganz Schlesien mit Einschluß Oberschlesiens und der Grafschaft Glatz mit Ausnahme des Streifens der dann "österreichisch Schlesien" genannt wurde mußte an Friedrich abgetreten werden. Am 28.Juli erfolgte der endgültige Friedensschluß zu Berlin.

Durch diesen Frieden hatte Brandenburg-Preußen die große Gebietserweiterung um

641 Quadratmeilen erfahren.

Mit Schlesien war auch Frankenstein preußisch geworden.

Maria Theresia traf der Verlust Schlesiens tief. Sie klagte, aus ihrer Krone sei der schönste Edelstein geraubt worden.

Friedrich wußte wie schwer Maria Theresia an dem Verlust Schlesiens trug. Doch der Erbfolgekrieg gestaltete sich seit 1742 für Kaiser Karl VII. Albrecht immer schwieriger. Maria Theresia hatte in England, Holland und Sachsen Verbündete gefunden. So drohte Bayerns gänzliche Vernichtung. Das fürchtete Friedrich II. Er griff erneut in den Krieg ein und rückte mit Truppen von Oberschlesien über die österreichische Grenze weil diese durch Einfälle der Ungarn gefährdet war, nach Böhmen vor. Doch er mußte nach Einnahme Prags im November Böhmen räumen und sich nach Schlesien zurückziehen. Die Böhmen waren ihm feindlich gesinnt und machten die Proviantierung seiner Truppen fast unmöglich. Im Winter 1744 zu 1745 kam es zu kleinen Plänkeleien, so zwischen dem alten "Dessauer" und Karl von Lothringen. Im April 1745 schloß der Sohn des inzwischen verstorbenen Karl VII. mit Maria Theresia den Frieden zu Füssen. Der österreichische Erbfolgekrieg war beendet. Maria Theresia hatte jetzt freie Hand gegen Friedrich von Preussen. Friedrich leitete den Krieg in Oberschlesien 1745 selbst. Er hielt das feindliche Heer überall in Atem. Dann lag sein Hauptheer am Paß von Wartha. Der König hatte sein Hauptquartier im Kloster Kamenz. Hier freundete er sich mit dem Abt Tobias Stusche an und fand Zeit für philosophische Gespräche und das Flötenspiel. Mit dem Abt verband ihn dann eine lebenslängliche Freundschaft. Dort in Kamenz erhielt der König die Nachricht, daß die Österreicher und Sachsen über das Gebirge stiegen. Über Frankenstein ging Friedrich langsam nach Schweidnitz vor und hatte am 3.Juni sein Lager bei Königszelt. Am 4.Juni 1745 kam es zur Schlacht bei Hohenfriedeberg. Der König siegte. Nach diesem Sieg soll er den "Hohenfriedeberger Marsch" komponiert haben. Die von ihm geschlagene Armee zog sich in guter Ordnung durch das Landeshuter Bergland zurück. Friedrich verfolgte sie zur Schonung seiner überanstrengten Truppen nicht. Später folgte er den Österreichern nach Böhmen. Der König hoffte auf ein baldiges Ende des Krieges, doch er täuschte sich. Erst nach neuen Gefechten und dem glorreichen Sieg des alten Dessauers am 15.Dezember bei Kesselsdorf schloß nur 10 Tage später am 25.Dezember Maria Theresia mit Friedrich den Dresdener Frieden.

Elf Jahre widmete sich Friedrich der Große jetzt dem Aufbau der neu erworbenen Provinz Schlesien. Dann wurde er durch den siebenjährigen Krieg von 1756-1763 wieder in seiner landesherrlichen Fürsorge gehindert.

Durch die Geheimbündnisse Österreichs, Russlands, Frankreichs, Schwedens und Sachsen-Polens zwecks Niederwerfung Preußens kam es 1756 zur unvermuteten Besetzung Sachsens durch Friedrich. Die Verteidigung Schlesiens übernahm wieder Graf Schwerin. Doch er fand bei der siegreichen Schlacht bei Prag den Heldentod. Der Österreicher Nadsdy hatte Schweidnitz eingeschlossen und erstürmt. Dann wurde Breslau von den Österreichern eingeschlossen. Ziethen erhielt vom König den Oberbefehl. Mit ihm wagte der von Sachsen herbeigeeilte König mit 32.000 Mann gegen die dreifach überlegenen Österreicher am 5.12.1757 die Schlacht bei Leuthen an der großen Straße von Breslau über Lissa nach Neumarkt. Die Schlacht war furchtbar. Die Österreicher verloren 12 000 Gefangene, 50 Fahnen, 126 Geschütze und 10 000 Tote und Verwundete. Für Friedrich wurde es eine Entscheidungsschlacht. Trotz eigener hoher Verluste beschlossen seine Soldaten mit dem Gesang "Nun danket alle Gott" den siegreichen Tag. Dann ließ Friedrich Breslau belagern und bombardieren damit sich die österreichische Besatzung schnell ergeben sollte. Das geschah am 21.Dezember. Über den Winter nahm der König in Breslau Quartier. Im Frühjahr ließ er das von den Österreichern besetzte Schweidnitz belagern und erstürmen. Und immer wieder zogen die Kriegsheere durch das Frankensteiner Land. In Oberschlesien waren die Russen eingefallen. Die Preußen konnten sie im August verscheuchen. Das Kriegsglück ging hin und her. Doch Handel und Wandel wurden in den Jahren 1757 und 58 wenig beeinträchtigt. Schlimmer wurde es 1760. Es kam am 23 Juni zu einem unglücklichen Gefecht bei Landeshut, das von den Österreichern entsetzlich geplündert wurde. Friedrich war mit dem größten Teil seines Heeres in Sachsen. Jetzt kehrte er nach Schlesien zurück. Schon belagerte Feldmarschall Laudon die Stadt Breslau. Breslau wurde jedoch erfolgreich von General Tauentzien verteidigt. Laudon stand mit 30 000 Österreichern in Schlesien, ein russisches Heer mit 20 000 Mann und die Preußen mit 18 000 Mann. Das war eine schwere Kriegslast für das Land. Friedrich wollte nun über Breslau Schweidnitz erreichen. Doch es kam vorher am 15. August zur Schlacht bei Liegnitz. Friedrich siegte, die Feinde wichen in großem Umkreis zurück.

Das Jahr 1761 begann mit Friedenshoffnungen. Doch die Österreicher wollten bei einem Friedensschluß wenigstens Teile von Schlesien zurückgewinnen. Deshalb wollten sie Schlesien möglichst stark besetzen. So gab es im Sommer ein Hin und Her bei Kunzendorf, Freiburg und Königszelt. Am 1.Oktober unternahm Laudon einen Sturm auf Schweidnitz.Die Stadt wurde von den Österreichern überrumpelt und genommen. Lange hatte der König sein Hauptquartier im Dorf Woiselwitz bei Strehlen. Die ganze Gegend um Frankenstein war ausgelaugt. Es gab Engpässe bei der Verpflegung des Heeres zum Winter. Sein Winterquartier nahm Friedrich wieder in Breslau. Seine Stimmung war äußerst bedrückt. Da erhielt er die Nachricht vom Tod der Zarin Elisabeth, seiner ärgsten Gegnerin. Ihr Nachfolger Zar Peter III. war dagegen sein glühender Verehrer, der sofort alle Feindseligkeiten gegen Friedrich einstellte. Friedrich bekam den Rücken frei. Doch Wien führte den Krieg weiter fort. Der österreichische Feldmarschall Daun kam mit einem Heer von 80 000 Mann nach Schlesien hauptsächlich um Schweidnitz zu halten. So spielten sich dann auch die Kämpfe dieses Jahres in der weiteren Umgebung dieser Festung ab. Am 21. Juni kam es zum Gefecht bei Burkersdorf oberhalb von Schweidnitz wo Daun sein Zentrum hatte. Die Österreicher räumten die Schanze. Friedrich ging nun an die Belagerung von Schweidnitz und ließ es bombardieren. Eine preußische Bombe schlug in ein Pulvermagazin ein. Die riesige Explosion riß eine große Bresche in das wichtigste Fort. Am 9.Oktober übergab der Kommandant Schweidnitz an die Preußen. Mit dem Fall der österreichischen Besatzung von Schweidnitz war Schlesien von den Österreichern so gut wie befreit. Doch die Grafschaft Glatz blieb noch in ihrer Hand. Von den weiteren Ereignissen des Krieges ist Schlesien nur noch mittelbar berührt worden..

Der Friede zu Hubertusburg am 15.Februar 1763 sicherte Friedrich dem Großen zum dritten Mal den Besitz Schlesiens.

Friedrich förderte den Wiederaufbau der Städte. Aus dem Staatsfond erhielt Schlesien 3 Millionen Taler zur Verteilung an geschädigte Bewohner, auf 6 Monate wurden Steuern erlassen. Aus den Magazinen wurde Getreide billig verkauft, geliehen oder sogar geschenkt, desgleichen 17 000 Militärpferde.

Vielfältig war das was der König zur Hebung der ländlichen Verhältnisse tat, denn noch lagen viele Dörfer verwüstet aus der Zeit des 30jährigen Krieges.

Der König führte in Schlesien gegen den Widerstand der Bauern den Anbau der Kartoffel ein. Friedrich förderte das Schulwesen. Auch das Bauwesen blühte. Zu Friedrichs Zeit wurde der Schlesier Carl Gotthard Langhans zum bedeutendsten Baumeister. Er schuf später im Jahr 1788 in Berlin das Brandenburger Tor.

Die Stadt Frankenstein wurde durch die schlesischen Kriege nicht so betroffen wie durch die Kriege der vorhergehenden Jahrhunderte, sie hatte aber durch ihre Lage zwischen Breslau, Neisse, Glatz und Schweidnitz ständig unter den durchziehenden und in ihr lagernden Heeren gelitten.

Da die Paßhöhe von Silberberg südl.von Frankenstein im 7jährigen Krieg ständig in der Hand der Österreicher war, ließ Friedrich der Große jetzt neben Glatz auch auf der Höhe von Silberberg eine große Festung bauen. 1764-1772 besuchte er fast jedes Jahr Silberberg um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Der "Alte Fritz", wie er liebevoll genannt wurde, hat stets in Frankenstein im Haus des Stadtkommandanten am Ring (Ring 38, Kubisch) übernachtet. Bei seinen Aufenthalten hier lernte Friedrich d.Gr. den "schlesischen Edelstein Chrysopras" schätzen, den man in deutschen Landen nur hier nördlich von Frankenstein findet.-Im Jahr 1776 hatte Frankenstein immerhin 3.176 Einwohner. In der Glatzer Vorstadt war die Posthalterei von wo jeden Tag Post abging und ankam.

Im Jahr des Friedens von Hubertusburg 1763 war August von Sachsen (als August III König von Polen) gestorben. Sein Sohn Kurfürst Friedrich Christian, Kandidat auf den polnischen Thron, überlebte den Vater nur kurz. Er starb am 17.12.1763.

In Polen wurde dann am 7.9.1764 "freiwillig einstimmig" durch die 5 584 Wähler der von Preußen und Russland gewünschte Stanislaw Poniatowski zum König gewählt. Dieser nahm als König den Namen August an. In Polen kam es später zu Aufständen. Im Oktober 1770 erklärte eine polnische Versammlung die "königslose Zeit". Durch innere chaotische Verhältnisse geschwächt wurde Polen zum Spielball der Nationen: in den Jahren 1772, 1793 und 1795 kam es zu den Teilungen Polens, bei denen ein großer Teil an Preußen fiel.

Kaiserin Maria Theresia starb am 29.11.1780 - sie hatte den Verlust Schlesiens nie verwunden: "Den Garten hat er (Friedrich) mir genommen und nur den Zaun (Österreichisch-Schlesien) gelassen."

6 Jahre später, am 17.8.1786, starb Friedrich der Große in Potsdam in seinem Schloß Sanssouci.

Friedrichs Nachfolger wurde sein Neffe Friedrich Wilhelm II. Seine Kriege haben Schlesien nicht unmittelbar berührt. Allerdings hat er 1790 in Schlesien Heeresmassen zusammengezogen um sie gegen Österreich zu führen, das im Bunde mit Rußland die Türkei und damit das europäische Gleichgewicht bedrohte. Doch der Friede blieb gewahrt. In Frankensteins Nachbarstadt Reichenbach wurde am 27.7.1790 die "Reichenbacher Konvention" unterzeichnet. Daraus resultierte, daß Österreich auf die den Türken abgerungenen Gebiete längs der Donau verzichten und sie an die Türkei zurückgeben mußte. Die Minister und Gesandten von Rußland, Polen, England, Holland, alle reisten wieder ab und viele kamen wohl auch durch Frankenstein.

Schlesien konnte sich in allen Dingen der landesväterlichen Fürsorge durch Friedrich Wilhelm II. erfreuen.

1790 am 26. August bekommt Frankenstein einen ganz besonderen Besuch. Im Auftrag seines Landesherrn bereist Johann Wolfgang von Goethe Schlesien und kommt auch nach Frankenstein.

(das ist wieder ein besonderes Kapitel, s.Anhang Nr 4)

Auch als Schlesien an Preußen überging, war das Fürstentum Münsterberg-Frankenstein im Besitz der von Auersperg geblieben. Am 14./18.10.1791 verkaufte Fürst Karl Joseph Anton v.Auersperg den Besitz Münsterberg-Frankenstein an den König von Preußen.

In Ober-Italien hatte 1796 ein Franzose, ein kleiner Corse mit Namen Napoleon Bonaparte, im Kampf gegen die Österreicher die Städte Mailand und Mantua erobert. Etwas was in Frankenstein sicher wenig beachtet wurde.

Dem König Friedr.Wilhelm II. folgte am 17.November 1797 sein Sohn Friedrich Wilhelm III. auf dem preußischen Thron.

1799 machte sich in Paris der einstige Artillerie-Leutnant Napolen Bonaparte zum "Ersten Konsul".

7. Frankenstein, Napoleon, das Eiserne Kreuz, Zucker und Eisenbahn.

Friedrich Wilhelm III. besuchte im Jahr 1800 mit seiner Gattin Königin Luise Schlesien und bestieg, was damals noch selten war, die Schneekoppe im Riesengebirge. Er wohnte nicht weit von Frankenstein auf Schloß Fürstenstein. Dort wurde von der schlesischen Ritterschaft zu seinen Ehren ein großes Turnier abgehalten. Sicher war da vom Adel aus dem Frankensteiner Land mancher beteiligt.

Im Sommer des gleichen Jahres, 10 Jahre nach Goethe, sah Frankenstein noch einen anderen, bedeutenden Besucher: John Quincy Adams. Er war der älteste Sohn des 2.Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika John Adams (1797-1801). Der Sohn des US-Präsidenten hatte 1797 das Amt des Bevollmächtigten Ministers, eines Botschafters, am preußischen Hof in Berlin übernommen, das er bis 1801 bekleidete. Bald nach seiner Amtsübernahme in Berlin hatte er mit der Vorbereitung zu einer Reise nach Schlesien begonnen. Am 17.7.1800 brach er mit Ehefrau, Kutscher und Zofe auf. Über das Riesengebirge, Kloster Grüssau und Schweidnitz kam er nach Frankenstein.

In die USA berichtete er in Briefen seinem Bruder Thomas auch von Frankenstein und Wartha.

25 Jahre nach seiner Schlesien-Reise war John Quincy Adams von 1825-1829 der 6. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Auch aus Frankenstein wanderten in den späteren Jahren viele junge Leute nach Amerika aus.

1804 ließ sich in Paris Napoleon zum Kaiser wählen. So sah Schlesien 1805 wieder fremde Heere auf seinem Boden. Der Zar von Russland rückte mit seiner Armee als Bundesgenosse Österreichs gegen Napolen vor, welcher am 14.11. Wien erobert hatte. Der Zar zog durch Breslau und Neisse in Richtung Brünn. Bei Austerlitz siegte Napoleon am 2.12.1805 über Franz I. und den Zaren. Gegen England verhängte Napoleon 1806 die sogenannte Kontinentalsperre. Das bedeutete: keine Waren mehr nach Europa, unter anderem auch kein Zucker, der damals nur aus Zuckerrohr gewonnen wurde.

Seit 1801/1802 hatte auf seinem schlesischen Gut in Kunern, Kreis Wohlau ein Chemiker namens Franz Karl Achard mit der Gewinnung von Zucker aus der sogenannten "schlesischen Rübe" experimentiert. Unter dem Druck von Napoleons Kontinentalsperre begann er mit der fabrikmäßigen Herstellung von Rüben-Zucker. Viele schlesische Großgrundbesitzer, auch im fruchtbaren Kreis Frankenstein, begannen da eine Rübe mit hohem Zuckergehalt zu züchten.

Die erste Zuckerfabrik entstand auf schlesischem Boden!

Der Preußen-König erklärte im August 1806 Napoleon den Krieg. Doch am 14.10.1806 wurde er in der Schlacht bei Jena /Auerstedt geschlagen. Niemand hatte erwartet, daß der Feind nach Schlesien vordringen könnte. Daher war die Provinz von Truppen entblößt und die Festungen wie Glatz und Silberberg waren nicht in Verteidigungszustand. Die Ausführung des vom Preußen-König genehmigten Planes zu einer allgemeinen Landesverteidigung, die Fürst Pückler entworfen hatte, wurde verhindert. Das trieb den Fürsten zum Selbstmord. Der König ernannte dann den Fürsten von Pleß zum Generalgouverneur von Schlesien. Mit dessen Vertretung betraute der König den Graf von Götzen. Die mit Napoleon verbündeten Württemberger lagen vor Breslau und ließen die Stadt beschießen. Da eine Feuersbrunst ausbrach gab es große Schäden an Kirchen und Gebäuden. Der Fürst von Pleß versuchte von Neisse aus, Breslau zu helfen. Durch Versäumnisse des Breslauer Stadtkommandanten mißlang der Versuch. Da übergab im Januar 1807 der Kommandant die Festung Breslau dem Feind. Bald darauf ergab sich auch Brieg und sogar Schweidnitz. Die Stadt Neisse hielt der Belagerung noch stand.

Alles spielte sich wieder um Frankenstein herum ab. Dann verlor der Fürst von Pleß Anfang Februar 1807 den Paß von Wartha. Er ging, seine Truppen auflösend, nach Wien.

Napoleon sah sich zu der Zeit gezwungen einen Teil seiner Truppen nach Ostpreußen zu verlegen. Da wagte der neuernannte Gouverneur von Schlesien Graf von Götzen einen neuen Verteidigungskampf. Der französische General Vandamme war von Neurode über Wartha zur Eroberung der Stadt Neisse weiter gezogen. Graf von Götzen brachte um Glatz herum ein kleines Heer zusammen. Es strömten ihm viele Freiwillige aus allen Berufsschichten zu und bewaffneten sich auf eigene Kosten. Götzens Plan war Neiße und Cosel zu entsetzen, Glatz und Silberberg zu halten. Um Cosel zu helfen, ließ er 2000 Mann Richtung Breslau vorgehen. Diese trafen aber bereits bei Kanth auf den Feind. Sie wurden zwar nicht geschlagen, doch von der feindlichen Übermacht gedrängt, suchten sie sich nach Glatz zurückzuziehen. Im März hatte der franz.Marschall Lefébre in Frankenstein sein Hauptquartier aufgeschlagen und schnitt am Paß von Wartha die Zufuhr für Glatz ab. Im Kloster Kamenz hatte Napoleons Bruder Jérome sein Hauptquartier. Diese schlugen die von Götzen nach Neisse gesandte Hilfstruppe zurück. So ohne Aussicht auf Hilfe übergab der Kommandant von Neisse nach dreimonatiger Belagerung am 16.Juni 1807 die Festung Neisse. Auch Cosel mußte sich ergeben.

Jetzt waren nur noch Glatz und Silberberg nicht vom Feind eingenommen. Über Wartha rückten Vandamme und Lefébre mit 13.000 Mann, darunter 350 französiche Jäger und 300 polnische Ulanen gegen Glatz mit seinen nur 6.500 preußischen Verteidigern heran. Nach heldenhafter Verteidigung wurde am 23.und 24.Juni das preußische Lager vom Feind erstürmt, wobei sich die zum Feindesheer gehörenden Bayern und Württemberger wie rasend betrugen. Nun begann die Beschießung der Festung Glatz. In Wartha verhandelte Graf von Götzen am 24.6. mit Prinz Jérome. Dieser forderte von Graf von Götzen die Übergabe der Festung Glatz bis zum 20.Juli und Waffenstillstand. Am 25.6. wurde im Schlößchen Hassitz ein Waffenstillstand bis 26.7. geschlossen. Jérome kehrte dann nach Frankenstein zurück.

Die Franzosen brachten von Wartha und Glatz viele gefangene preußische Soldaten nach Frankenstein. Doch auch vor Silberberg gingen die Kämpfe noch weiter. Das unterhalb der Festung liegende Städtchen wurde dabei in Flammen geschossen. In Frankenstein hörte man das Donnern der Geschütze und konnte die Feuer lodern sehen.

Da am 7.Juli 1807 in Ostpreußen, in Tilsit an der Memel, der "Friede zu Tilsit" geschlossen wurde, blieben Silberberg, Glatz und Cosel dem preußischen König erhalten. Die Ausdauer der Verteidiger in den zwei schlesischen Städten und die Bitten der Königin Luise hatten einen großen Einfluß auf den Friedensschluß. Napoleon wurde dadurch zu manchen Zugeständnissen veranlaßt.

Die vergangenen Kriegsjahre 1806 und 1807 hatten den Schlesiern wieder große Leiden gebracht. Auch Frankenstein war ja für einige Zeit in der Hand der Franzosen. Die Franzosen hielten im allgemeinen gute Manneszucht, doch die Württemberger haben sich viele Bedrückungen und Erpressungen zuschulden kommen lassen. Die von Napoleons Bruder Prinz Jérome und anderen Befehlshabern aufgezwungenen Kontributionen und die Einquartierungslasten haben viele Familien und viele Ortschaften ruiniert. Die Not hörte mit dem Friedensschluß nicht auf, denn es blieben noch jahrelang 50 000 Mann mit 16 000 Pferden französische Besatzung in der Provinz. Ein Städtchen wie das nördl.Strehlen gelegene Wansen mußte z.B. innerhalb von 1½ Monaten 7500 Taler Kontribution zahlen. Frankenstein wird es nicht anders ergangen sein als Napoleons Bruder Prinz Jérome in seinen Mauern weilte.

Die Notlage wurde so groß, daß die Schlesier bereit waren unter großen Opfern die Kriegsschuld schnell abzutragen, um möglichst bald die lästige Besatzung los zu werden. So hat z.B.die schlesische Kaufmannschaft durch Wechsel die Zahlung von 20 Millionen Francs gewährleistet. Endlich verließ die französische Besatzung Anfang Dezember 1808 die Provinz.

In der Friedenszeit 1807 bis 1812 kam es zu den Stein-Hardenbergschen Reformen, die sich auch auf Schlesien erstreckten.

Im Gebiet von Frankenstein wurde 1810 das Kloster Heinrichau säkularisiert und 1812 das Kloster Kamenz. Beide kamen dann zuerst in den Besitz des Hauses Oranien. Die Kirchen wurden zur Pfarrkirche.

Im Jahr 1810 forderte Napoleon rücksichtslos die gänzliche Bezahlung der preußischen Kriegsschuld. Dazu war Preußen nicht fähig. Napoleon äußerte: wenn der König nicht imstande ist zu zahlen, bleibt ihm nichts übrig, als mir Schlesien abzutreten. Der Königin Luise, die darüber eine Denkschrift abfaßte, ist zu verdanken, daß der König entschieden ablehnte. Er brachte dann einen anderen Schuldentilgungsplan zur Durchführung. Die äußerst beliebte Königin Luise starb im gleichen Jahr.

Die Hoffnungen auf bessere Zeiten schwanden immer mehr. Da brachte die neuerstandene Feindschaft zwischen Napoleon und dem russischen Zaren eine Wendung. Sie führte zu den Befreiungskriegen 1813-1815. Ihnen voran ging 1812 Napoleons Zug nach Rußland. Auf dem Weg dorthin querten seine Truppen auch Niederschlesien. Am 14.9.1812 zog Napoleon in Moskau ein, das dann in Flammen aufging. Ab Oktober befand sich Napolen auf dem Rückzug. Durch bitteren Frost und dauernde russische Angriffe erlitt seine Armee große Verluste.- Graf Yorck von Wartenburg schloß mit dem zaristischen General Diebitsch, der ein geborener Schlesier war, am 30.12.1812 die Konvention von Tauroggen(Litauen) ab. Inzwischen war der Freiheitswille der von Napoleon unterworfenen Völker erwacht; so auch in Schlesien. Der unentschlossene König Friedrich Wilhelm III. wurde besonders durch den entschlossenen General Yorck zur Kriegserklärung gegen Frankreich gedrängt. Weil der preußische König in Berlin von Franzosen umgeben war, verlegte er seine Residenz nach Breslau.

Am 3.Februar 1813 erließ er hier den Aufruf zur Bildung freiwilliger Jäger-Korps.

In Breslau im Gasthof "Zum Goldenen Zepter" warb Major von Lützow für sein Korps. Zu diesem gehörten bald neben vielen Breslauer Studenten und Professoren auch die Dichter Theodor Körner und Eichendorff. Das berühmte Korps der "Lützower" wurde in der Kirche zu Rogau, einem Örtchen am nördlichen Fuß des Zobten, eingesegnet. Bestimmt waren auch junge Frankensteiner darunter.

Am 10.März, dem Geburtstag der verstorbenen Königin Luise, stiftete Friedrich Wilhelm III. in Breslau das "Eiserne Kreuz".

Am 16.März erklärte der König von Breslau aus an Napoleon den Krieg.

Am folgenden Tag, dem 17.März 1813, verlas König Friedrich Wilhelm III. vom Breslauer Schloß den berühmten

"Aufruf an mein Volk"

Gleichzeitig befahl der König die Bildung einer Landwehr. Voller Begeisterung strömten die jungen Männer nach Breslau um sich anwerben zu lassen, auch aus Frankenstein, und auch die Frankensteiner werden in der allgemeinen Begeisterung Spargeld und Schmuck geopfert haben unter dem Motto: "Gold gab ich für Eisen".

Am 21.April war es so weit: Zum Schutz des Landes bot der König den "allgemeinen Landsturm" auf. Das ganze Volk sollte sich gegen den anrückenden Feind wehren. Am 31.Mai kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Feind bei Breslau, dessen Besetzung nicht verhindert werden konnte. Am 4.Juni kam es zu einem Waffenstillstand, der bis zum 20.Juli hielt. Inzwischen wurde am 27.6.1813 in Frankensteins Nachbarstadt Reichenbach der Koalitionsvertrag zwischen Preußen, Österreich und Russland gegen Napoleon abgeschlossen. Auch Zar Alexander I. von Rußland weilte in Frankensteins Mauern. Dann begann der Sommerfeldzug. Von den drei großen Heeren gegen Napoleon hatte die "schlesische Armee" ihre Aufstellung in Schlesien. Das preußische Korps stand unter General Blücher, das russische unter Sacken und Langeron. Blücher hatte den Oberbefehl, sein Generalstabs-Chef war Gneisenau. Am 20. August hatte man die Franzosen über den Fluß Bober zurückgedrängt. Da nahte Napoleon selbst mit einer Übermacht und konnte am 23.August Liegnitz besetzen. Aber die von Böhmen nach Sachsen vordringende Hauptarmee der Verbündeten zwang Napoleon sich nach Sachsen zu wenden.

Napoleon ließ einen Teil seiner Armee unter General Macdonald in Schlesien zurück. Gegen diese rückte am 25.8.1813 Blücher vor. Einen Tag später am 26.8.1813 kam es zu der für Blücher so siegreichen "Schlacht an der Katzbach". Am 1.September standen die siegreichen Verbündeten am Flüßchen Queis und feierten hier ihr Siegesfest.

Vom 16.10 bis zum 19.10.1813 tobte die Völkerschlacht bei Leipzig. In der Neujahrsnacht 1813/1814 trieb Blücher mit seinen Schlesiern die Franzosen bei Kaub über den Rhein. Sicher waren da auch Söhne von Frankensteinern dabei. "Marschall Vorwärts" Blücher besaß in Frankenstein ein Haus in der Breslauer Straße. Für seine Verdienste um Preußen erhielt Blücher 1814 Schloß und Gut Krieblowitz (später Blüchersruh) süd-westl. von Breslau. Dort starb er am 12.9.1819 und fand auch da im Mausoleum seine Ruhestätte.

Napoleon wurde am 6.4.1814 zur Abdankung gezwungen und mußte ins Exil auf die Insel Elba.

Es gab zwar noch kein Radio, aber die Nachrichtenverbindungen in Preußen funktionierten gut und es gab schon seit 1742 in Breslau die "Schlesische Zeitung". Friedrich d.Gr. hatte bereits die Pressefreiheit garantiert! So wußten die Frankensteiner Zeitungsleser von all diesen Ereignissen und erfuhren auch von dem Kongreß, der jetzt in Wien tagte.

Der Kongreß in Wien wurde vom 18.9.1814 - 9.6.1815 unter der Leitung von Metternich, einem Rheinländer, zur Befriedung Europas abgehalten. Es wurden z.B. die Vereinigten Niederlande geschaffen, Sachsen und Warschau getrennt und der Sklavenhandel begrenzt. Freiherr vom Stein versuchte Deutschland zu einen. Das scheiterte. Als Notlösung entstand "Der deutsche Bund".

In Schlesien gab es einen wirtschaftlichen Aufschwung. Im Raum Frankenstein war 1812, nach dem das Kloster in Kamenz (1810) aufgehoben worden war, der Klosterbesitz an die preußische Prinzessin Friederike Louise Wilhelmine, die spätere Königin der Niederlande, gegangen. Im Jahr 1817 mußten die Frankensteiner erleben, wie die Klostergebäude in Kamenz abbrannten. Die Kirche konnte danach wieder hergerichtet werden, aber die Gebäude mußten bis auf den Prälatenflügel abgerissen werden.

Seit 1813 war Frankensteins Dominikanerkirche Zum Hl.Kreuz bereits evangelisch.

1825 hatte Frankenstein 4.985 Einwohner. Die Stadt Frankenstein hatte, dank des fruchtbaren Bodens im Kreis, einen großen Getreidemarkt, so spielte auch das Mühlengewerbe eine Rolle. Der immer blühende Woll- und Tuchhandel aber ging zurück. Das technische Zeitalter zog ein und brachte den mechanischen Webstuhl. Die Ausbeutung mit Hungerlöhnen durch die "Fabrikanten" brachte die Weber in den Dörfern am Eulengebirge in größte Not. Deren Elend wirkte sich auch auf Frankenstein aus, war es doch immer auch eine Stadt des Tuch- und Leinenhandels gewesen. Im Juni 1844 kam es in Peterswaldau am Eulengebirge zum Aufstand der Weber. Was Gerhart Hauptmann später zu seinem Drama "Die Weber" inspirierte. -Viele Menschen wanderten damals nach Amerika aus, auch aus dem Frankensteiner Land.

In Kamenz war 1838 mit dem Bau eines großen Schlosses begonnen worden. Die neue Besitzerin der ehemaligen Klostergüter Kamenz Prinzessin Marianne der Niederlande, Gemahlin des Prinzen Albrecht von Preussen, ließ nach Plänen des großen Baumeisters Karl Schinkel den Bau durchführen. Davon profitierten auch Handwerker aus Frankenstein.

Am 17.Juni 1840 war König Friedrich Wilhelm III. gestorben; sein Tod erregte überall in Schlesien große Trauer.

Es folgte ihm sein Sohn Friedrich Wilhelm IV.

Wegen vieler nicht eingehaltener Versprechen kam es zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Es kam zu Demonstrationen auch in Breslau. Dort beteiligten sich sogar Professoren der Universität. Unter ihnen befand sich auch der Dichter August Hr.H.Hoffmann von Fallersleben, der Dichter der uns das

"Lied der Deutschen" schenkte::

Deutschland, Deutschland über alles.......

Wegen der Herausgabe seiner "Unpolitischen Lieder" verlor er 1842 sein Breslauer Amt.

Im Februar 1848 kommt es in Paris zu einer Revolution, die sich bald auf die anderen Länder Europas ausbreitete. Am 6.März kam es in Breslaus Straßen zu ersten Aufläufen, später vom 18.-21.März gab Unruhen in Berlin. In den schlesischen Städten, außer Schweidnitz blieb es verhältnismäßig ruhig, dagegen kam es auf dem Land zu Bauernrevolten.

Am 1.Mai wurden in Berlin vom Volke die Wahlen für das "Deutsche Parlament" vorgenommen. Das sollte in Frankfurt/M. zusammentreten und Deutschland eine neue Verfassung geben. Außerdem wurde am 1.5. in Berlin vom Volke die "Preußische Nationalversammlung" gewählt. Nach dem Zusammentritt dieser Versammlungen hörten in Schlesien die Unruhen auf. Die Nationalversammlung tagte 1848/49 in der Paulskirche in Frankfurt/M.

Im Jahr 1851 wird der preußische Legationsrat Otto von Bismarck Gesandter bei der Nationalversammlung in Frankfurt.

Am 11.4.1848 gab es eine Erhebung der Polen in Posen, nach der der preußische Bevollmächtigte den Polen eine "nationale Reorganisation" zusagte.

Im Juni 1848 fand in Prag, nicht sehr beachtet, der erste Pan-Slavisten Kongreß statt. Daran teilnehmende Polen forderten dort bereits eine ethnische Trennlinie von Triest an der Adria, über Dresden bis Stettin!

Wer hätte gedacht, daß das 100 Jahre später Wirklichkeit werden sollte?.

Vielleicht hörte und las manch ein Frankensteiner von zwei Herren, Marx und Engels, die das "Kommunistische Manifest" mit der Forderung "Proletarier aller Länder vereinigt euch" verfaßt hatten.

Auf Grund der neuen, konstitutionellen Verfassung, wurde für ganz Preußen am 11.März 1850 eine neue Gemeindeordnung erlassen, die auch für Schlesien große Bedeutung gewann. So wurde die Selbständigkeit der städtischen Behörden etwas eingeschränkt, aber Bürger welche mindestens ein Jahr in der Stadt wohnten und ein bestimmtes Einkommen hatten, erhielten Wahlrecht.

Die Stadt Frankenstein hatte sich inzwischen längst vor ihre Stadtmauern ausgedehnt.

Aber es gab unheilvolle Ereignisse. Immer gab es schon Überschwemmungen an der Neisse und auch am Pausebach in Frankenstein. So in den Jahren 1827-33 nicht weniger als fünf. Besonders schlimm wurde es 1847 und 1854. Mißwuchs und Teuerung waren die Folge. Eine Hungersnot brach aus. Die Regierung verbot sogar die Ausfuhr von Kartoffeln um ihr zu begegnen. Außerdem war schon in den Jahren 1831-33 drei mal die Cholera in Schlesien ausgebrochen, in den Jahren 1848, 1849 und 1853 wiederholte sich diese Heimsuchung.

Trotzdem ging es langsam aufwärts. Durch das Gesetz vom 14.4.1856 erhielten die Kreise das Recht der Selbstverwaltung. So auch der Kreis Frankenstein.

Da kam es 1858 in Frankenstein zu einer besonders großen Katastrophe.

In der Nacht zu Sonnabend den 24.April 1858 hatte es einen Frühjahrssturm gegeben, der gegen Morgen abflaute, aber mittags zu einem Orkan anschwoll. Gegen zwei Uhr mittags ertönte vom Turm des Rathauses das Feuerhorn. In der Silbergasse war ein Brand ausgebrochen. Wegen der vorangegangenen langen Dürre fehlte Löschwasser. Es kam zu dem großen Brand, dem fast die ganze Stadt zum Opfer fiel. Die Kirche St.Anna, der größte Teil des "schiefen" Glockenturmes und Teile der Stadtmauer blieben erhalten. Der "schiefe" Turm wurde im oberen Teil zerstört. Dieser Teil wurde 1860 mit dem geraden Mauerwerk bis zu 34 m Höhe neuerbaut und erhielt die Zinnenkrone.

(der große Brand ist wieder eigenes Kapitel, s.Anhang Nr.5)

In großer Solidarität wurden 1858 dann in ganz Preußen, sogar mit Aufrufen in den Zeitungen, für die durch den Brand verarmte, obdachlos gewordene Bevölkerung von Frankenstein Spenden gesammelt.

Langsam konnten die Bürger mit dem Wiederaufbau ihrer Häuser, Werkstätten, Geschäfte beginnen. Von der Armut geboten war alles nur in sehr bescheidenem Maße möglich, die Schönheit der einstigen Häuser war dahin. Nach vielem Ringen wegen der knappen Finanzen, entschloß sich der Rat der Stadt aber dann doch wenigstens zum Neubau eines schönen Rathauses. Es sollte dem alten möglichst ähnlich sein. So begann 1862 der Bau des neugotischen Rathauses mit seinem schönen, schlanken

75 m hohen Turm. 1864 war der Bau beendet.

Das Unglücksjahr 1858 bescherte der Stadt aber den Eisenbahnanschluß nach Reichenbach. Die Reichenbacher Straße wurde gebaut. Die uralte Heerstraße nach Breslau, an der das Brüderkloster mit seiner Kirche und auch die Kaserne (seit 1774) lagen, war bereits gut ausgebaut. Von ihr nord-westlich abbiegend wurde die Bahnhofsstraße angelegt, an der sich später wohlhabende Bürger schöne Häuser errichteten. Frankenstein bekam einen Bahnhof.

Am 2.1.1861 war König Friedrich Wilhelm IV., dem Otto von Bismarck nahe gestanden hatte, gestorben. Wegen seiner Krankheit war der König schon seit 1857 von seinem Bruder Wilhelm als Regent vertreten worden. Dieser war nach des Bruders Tod als Wilhelm I. König von Preußen geworden. Am 23.9.1862 ernannte er Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten und bald darauf auch zum Außenminister.

1863 stellte der Breslauer Ferdinand Lassalle in Berlin ein sozialistisches Programm auf und begründete so die deutsche Sozialdemokratie.

Der dänische Krieg 1864 hat die Stadt Frankenstein kaum berührt und der Krieg von 1866 berührte sie nur sofern, daß es wieder Durchzüge von preußischen Truppen gab, die an die österreichische Grenze bei Bad Kudowa nach Lewin verlegt wurden.

Seit 1801, als Achard auf seinem Gut in Kunern die Fabrikation von Rübenzucker begann, hatte sich von Schlesien aus der Anbau von Zuckerrüben über die Magdeburger Börde bis nach Nord-Frankreich und im Osten bis in die Ukraine verbreitet. Die fruchtbaren Böden um Frankenstein eigneten sich ganz besonders zum Anbau der Zuckerrübe. Er hatte sich stark ausgeweitet. So wurde in Zadel eine Zuckerfabrik gebaut.

1867 war in Paris die Weltausstellung. Da erhielt der Rittergutsbesitzer Dittrich aus Seitendorf, Kreis Frankenstein, den 1.Preis für die besondere Weizenqualität unter der Bezeichnung "Original Frankensteiner Weißweizen"

Übrigens, jeden Sommer kamen zur Erntezeit aus Polen die Saisonarbeiter. Da es noch keine Maschinen gab, wurden die Polen zum Mähen des Getreides mit der Sense gebraucht.

Vom deutsch-französischen Krieg 1870/71 blieb Schlesien unberührt. In der Schlacht beri Sedan am 1.9.1870 wurden die Franzosen geschlagen, Napoleon III. am Tag darauf gefangen genommen. Überall, auch in Frankenstein, löste dieser Sieg großen Jubel aus. Auf die schlesichen Festungen, wie auf die Festung in Silberberg, kamen zahlreiche französiche Kriegsgefangene. Der Tag von Sedan wurde künftig zu einem Feiertag. Am 18.Januar des Jahres 1871 fand im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles die Gründung des 2.Deutschen Reiches mit der Kaiserproklamation statt.

Im Jahr 1873 wurde in Kamenz das Hohenzollern-Schloß fertig, und am 11.5. wurde die Eisenbahnlinie von Münsterberg über Kamenz nach Wartha dem Verkehr übergeben.

Nördlich von Frankenstein war die Anschlußlinie Kamenz-Frankenstein im Bau. Sie wurde Mitte Juni 1874 fertig. Frankenstein war über die Landeshauptstadt Breslau verkehrsmäßig durch die Eisenbahn bis nach Berlin verbunden.

Ab 2.9.1876 erschien in Frankenstein eine eigene Zeitung: die Frankenstein-Münsterberger Zeitung. Franz Huch aus Neisse hatte im Sommer in der Baderstr.5 eine Druckerei eingerichtet. Später lag sie neben dem Schiefen Turm in der Kirchstr.2. Franz Huch kaufte dann 1888 für seinen Verlag das Grundstück "Bad Schönbrunn" in der Silberberger Vorstadt.

1880 wurde in Köln am Rhein der Dom fertig, an dem bis zu seinem Tod 1861 der Schlesier Ernst Friedrich Zwirner als Dombaumeister gewirkt hatte. Zur Finanzierung des Kölner Dombaues hatten auch die Schlesier und mancher Frankensteiner ihr Scherflein beigetragen.

In Frankenstein baute man 1886 das neue Postamt an der Ecke Breslauer Straße (später umbenannt in Hindenburgstraße). Eine Postkarte von Silberberg ins ebenfalls preußische Krefeld brauchte damals nur einen Tag!

1888 starb Kaiser Wilhelm I., es kam die kurze Zwischenregierung von Friedrich III. und im gleichen Jahr folgte Wilhelm II. als deutscher Kaiser. Es kam zu Konflikten mit Bismarck. Der um den Staat hochverdiente Otto von Bismarck wurde am 20.3.1890 vom Kaiser entlassen.

In Frankenstein gab es politische Parteien. Die Wähler waren hier aber mehrheitlich konservativ als sozialistisch eingestellt.

Im Januar 1891 starb in Westdeutschland ein Techniker, Nikolaus August Otto. Er hatte einen Motor erfunden, der bald die ganze Welt erobern würde, auch Frankenstein.

In Frankenstein wurde das Schulwesen ausgebaut, es gab Gaslicht und im neu erschlossenen Vorland siedelten sich verschiedene Industrien an. Frankenstein wurde eine moderne Stadt.

So konnte das neue Jahrhundert nahen.

8. Frankenstein von 1900 --1946

Mit einigem Recht konnte man endlich auf ein friedliches Jahrhundert hoffen. Doch es sollte das Schlimmste bringen, was der Stadt Frankenstein und Schlesien jemals geschah.

Frankenstein war weit vor seine alten Stadtmauern gewachsen. 1905 hatte die Stadt 8.404 Einwohner. Ein paar Bauerngüter lagen jetzt auf Stadtgebiet, sie wurden zu den sogenannten "Stadtgütern". In der Nachbarschaft des Brüderklosters und der Kaserne entstanden neue Gasthöfe, die den zum Markt kommenden Bauern und Gutsbesitzern Ausspannung für ihre Pferde boten. Zum Stadtgut Stark gehörte der Gasthof "Weißes Ross" und zum Stadtgut des August Fiedel bei dem früher Poststelle mit Kutschen und Postpferden war, gehörte das "Gasthaus zum Elefanten". "Der Elefant" würde später für die Bewohner von Stadt und Kreis Frankenstein einmal traurige Bedeutung erlangen. Doch bis dahin fuhren mit Fiedels mietbaren schicken Kutschwagen noch viele Hochzeitspaare zur Kirche.

Der Boxer-Aufstand in China und der Herero-Aufstand in der deutschen Kolonie Deutsch-Süd-West-Afrika 1904/5 haben in Frankenstein sicher weniger Aufsehen erregt, als die immer öfter auftauchenden Automobile. 1908 erhielt der aus dem nahen Strehlen stammende Mediziner Paul Ehrlich den Nobelpreis und 1912 bekam der aus dem nahen Bad Salzbrunn stammende Gerhart Hauptmann den Nobelpreis für Literatur. Sein Drama "Die Weber" kannte man in Frankenstein sicher. Neben Elektrizität hatte auch die Fotographie Einzug gehalten. Es gab z.B. das "Photogr.Atelier von E.Schumacher Frankenstein. Schles.", in welchem schon viele Bürger sehr schöne Porträt- und Familieaufnahmen machen ließen. Bald waren die ersten Frankensteiner stolze Besitzer eines Automobils. Es war eine gute friedliche Zeit.

Allerdings hatte die unglückliche Politik des Kaisers Deutschland isoliert, das mit Österreich allein stand. Es hatten sich zwei europäische Bündnisblöcke gebildet. Da vermeldeten die Zeitungen ein schlimmes Ereignis. Am 28.6.1914 waren in Sarajevo der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin ermordet worden. Jetzt kam es zu einer Kettenreaktion: Am 5.7. erging von Deutschland ein Hilfsversprechen an Österreich, worauf die Österreicher in Verkennung der Gefahr den Serben ein Ultimatum mit hohen Sühneforderungen stellten. Der österreichischen Kriegserklärung an Serbien vom 28.7. folgte sofort die russische an Österreich, und wegen des gegebenen Hilfsversprechens erfolgte die deutsche Kriegserklärung an Russland. Die Ereignisse überstürtzten sich, Großbritanien trat in den Krieg ein und Frankreich. Der 1.Weltkrieg war entbrannt.

Viele junge Männer aus Frankenstein mußten jetzt zum Militär, und viele, viele kamen nicht mehr zurück. Sie ließen ihr Leben an den Fronten im Osten, Westen und Süden. Es half ihnen nichts, daß man ihnen nach dem Krieg in der Heimat, in Frankenstein, ein schönes, großes Ehrenmal errichtete. Ende August 1914 bereitete Hindenburg den Russen eine schwere Niederlage bei Tannenberg in Ostpreußen. Auch vor Schlesien war durch das Vorschieben der Front nach Osten die Gefahr gebannt. Das kaiserliche Große Hauptquartier richtete sich für zwei Jahre vom Frühjahr 1915 bis Frühjar 1917 in Pleß /Oberschleien ein. Auch im Westen gab es Erfolge, dann kam es dort zum Stellungskrieg.

Am 5.1.1916 geschah etwas, was den Deutschen keinen Dank einbringen sollte: Der Staat Polen wurde von dem deutschen Kaiser Wilhelm II. und dem österreichischen Kaiser Franz Josef I. wieder hergestellt.

Hindenburg wurde im gleichen Jahr Chef der Obersten Heeresleitung. Der Thronwechsel in Österreich am 22.11.1916 brachte erste Auflösungserscheinungen. Das Jahr 1917 war ein Wendepunkt.

Am 15. März 1917 begann in Russland die Revolution. Besorgt lasen die Frankensteiner davon in den Zeitungen. Teile des russischen Heeres kämpften zwar weiter, aber die Front löste sich auf als Lenins Revolution (7.11.) mit der Parole "Frieden um jeden Preis" zum Erfolg geführt hatte. Die Deutsch-österr.Truppen konnten bis Rostow und vor Petersburg vordringen. Am 3.3.1918 gab es den Frieden von Brest-Litowsk. Doch die Hoffnung auf wirklichen, baldigen Frieden mußten auch die Frankensteiner begraben als einen Monat später am 6.4.1918 die USA in den Krieg eintraten.

Frische Truppen und viel Material aus den USA brachten die anfänglichen Erfolge im Westen zum Erliegen. Die westlichen Feindmächte hatten jetz deutliches Übergewicht. Man wehrte sich zwar überall noch heftig aber unter dem Eindruck des britischen Einbruchs bei St.Quentin am 8.8., dem "schwarzen Freitag", verlangte Ludendorff Waffenstillstandsverhandlungen. In den Vorverhandlungen zum Waffenstillstand kam es in Deutschland zur Novemberrevolution.

Der Kaiser ging nach Doorn bei Utrecht und verzichtete auf den Thron.

Am 9.11.1918 übernahm der "Rat der Volksbeauftragten" unter Friedrich Ebert die Regierung.

Am 11.11.1918 kam es in Compiègne zum Waffenstillstand. In all den bösen Nachrichten gab es einen Lichtblick: Der aus Breslau stammende Schlesier Fritz Haber erhielt den Nobelpreis für Chemie. Doch seine Heimat Schlesien war jetzt nach dem Waffenstillstand ernsthaft gefährdet.

Während des Krieges war in Paris das "Polnische Nationalkomitee" gegründet worden, das einen neuen polnischen Staat erstrebte, was man ja 1916 auch erreicht hatte. Nach dem Großpolnischen Aufstand vom Dezember 1918 näherten sich polnische Militär-Einheiten der nord-schlesischen Grenze, am bedrohlichsten war aber die Lage in Oberschlesien. Die polnische Armee war von ihrem General Haller durch Deutschland aus Frankreich nach Polen zurückgeführt worden.

Polen und Tschechen erhoben Gebietsansprüche an Preußen, letztere auf Leobschütz und Glatz, was in Frankenstein sicher mit großer Besorgnis aufgenommen wurde. Das polnische Nationalkomitee unter Roman Dmosk forderte schon da die Annexion von Ostdeutschland bis zur Oder-Neiße.

Mit den Friedensschlüssen von Paris und der Unterzeichnung des Vertrages von Versailles am 28.6.1919 fand der 1.Weltkrieg für Deutschland seinen bitteren Abschluß.

Während des Krieges waren immer mehr auch ältere Männer zur Verteidigung des Vaterlandes zum Militär gezogen worden. Auf den Schultern der Frauen hatte auch in Frankenstein und seinem Umland alle Last, nicht nur der Arbeit, der Kranken-und Verwundetenpflege, gelegen. Jetzt endlich kehrten die Männer, die überlebt hatten in die Heimat zurück. Hier aber herrschte Hungersnot. Außerdem verfolgte man besorgt, wie die polnischen Vertreter bei den Friedensverhandlungen in Paris immer größere Gebietsforderungen stellten. Der italienische Außenminister Graf Sforza sagte hierzu: "Diese Polen erwecken den Eindruck, als wäre halb Europa ehemals polnisch gewesen und müsse wieder polnisch werden." Am 28.6.1919 war im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles die Unterzeichnung des "Versailler Diktates" erfolgt. Es wurde die bedingungslose Unterzeichnung dieses "Friedensvertrages gefordert. Der neue Außenminister Müller und Justizminister Bell vollzogen die Unterzeichnung. Die Auswirkungen sollte man in Deutschland bald spüren.

Am 11.8.1919 verabschiedete die Nationalversammlung in Weimar die Verfassung des deutschen Reiches.

Die deutschen Farben wurden Schwarz-Rot-Gold.

Im Monat August 1919 kam es ohne schlesischen Einfluß in Ostoberschlesien zum ersten polnischen Aufstand. Die Aufständischen waren fast alle Angehörige des polnischen Heeres. Deutsche Truppen konnten den Aufstand unterdrücken.

Im Versailler Vertrag erhielt Polen seinen geforderten "Zugang zum Meer". Danzig wurde zum "Freistaat" und Ostpreußen war durch den polnischen Korridor vom deutschen Reich abgetrennt worden. Im Versailler Vertrag war auch die Abretung von großen Teilen Schlesiens an Polen bestimmt. Die Forderung der Polen, auch fast das ganze Oberschlesien zugesprochen zu bekommen, war von Frankreich und den USA gutgeheißen worden. Nach dem Protest der deutschen Regierung so wie der Öffentlichkeit und dem Widerstand Englands, einigte man sich auf eine Volksabstimmung im größten Teil Oberschlesiens.

Der Vertrag von Versailles trat am 10.1.1920 in Kraft.

In Schlesien hatte am 11.2.1919 die "Interalliierte Regierungs-und Plebiszitkommission" unter dem französischen General Le Rond in Oppeln die Verwaltung des Abstimmungsgebietes übernommen, welches von französischen, italienischen und englischen Truppen besetzt wurde. Im August kam es im Industrierevier zu einem neuen polnischen Aufstand. In Frankenstein mußte man diese Entwicklungen mit Sorge beobachten. Auch, daß in den Grenzregionen bei den zahlreichen Übergriffen der Polen auf Deutsche, die Franzosen beide Augen zudrückten, im umgekehrten Fall bei Gegenreaktionen der Deutschen aber hart durchgriffen. Italiener und Engländer hielten sich hingegen strikt neutral.

In München war 1919 ein gewisser Adolf Hitler aus Österreich in eine dieser vielen neuen Parteien als 7.Mitglied eingetreten. Die Partei nannte sich "Deutsche Arbeiter Partei".

Inzwischen eroberten die Polen mit französischer Hilfe kriegerisch in ihrem Osten weite Teile von Litauen mit Wilna, Weißrussland und der Ukraine über die ihnen zugestandene "Curzon-Linie" hinaus. In dem Gebiet zwischen "Curzon-Linie" und der neuen poln.Ostgrenze gab es 6 Millionen Ukrainer und Weißrussen, 1,4 Millionen andere wie Litauer, aber nur 1,5 Millionen Polen!

Auch das wurde in Frankenstein mit Sorge gesehen, sollte es im Osten keinen Frieden geben?

Zur Abstimmung in Oberschlesien am 20.3.1921 kamen etwa 180 000 abstimmungsberechtigte Oberschlesier in die Heimat. Aus dem Reichsgebiet wurden dafür Sonderzüge eingesetzt. Auch aus Frankenstein reisten Abstimmungsberechtigte nach Oberschlesien. Das Abstimmungsergebnis war trotz vorhergegangenen polnischen Terrors ganz eindeutig. Für den Verbleib bei Deutschland wurden 59,6 % Stimmen abgegeben, für Polen waren es 40,4 %.!

Auch in Frankenstein wurde das mit Befriedigung aufgenommen. Aber auf alliierter Seite wurde eine Teilung des Abstimmungsgebietes beschlossen. Da man sich auf eine Teilungsgrenze nicht einigen konnte, wurde der Völkerbund angerufen. In der Zwischenzeit begann eine polnische Insurgentenarmee am 3.5.1921 den dritten Aufstand. Sie besetzte unter ihrem Führer Albert Korfanty in Oberschlesien den ungefähren von Polen geforderten Teil. Da die französischen Truppen, im Gegensatz zu den italienischen, die Polen nicht aufhielten, stellte sich diesen der deutsche "Selbstschutz Oberschlesien" entgegen und schlug am 21.5.1921 die Polen am Annaberg.

Auf Grund der "Empfehlung" einer Völkerbundskommission wurde am 20.10.1921 die Abtretung eines Gebietes von 3.213 qkm und 985.676 Bewohnern an Polen beschlossen.

Aus dem zu Polen gefallenen Teil Oberschlesiens wanderten viele Deutsche aus, weil sie nicht unter polnischer Herrschaft leben konnten oder wollten.

Der Verlust des größten Teiles des oberschlesischen Industriegebietes und die Besetzung des Ruhrgebietes durch Belgien und Frankreich, so wie die hohe Schuldenlast des Versailler Vertrages führten Deutschland in eine wirtschaftliche Katastrophe. Es sollten z.B.für die Dauer von 59 Jahren Zahlungen in Höhe von 131 Milliarden Goldmark erbracht werden. Das hätte bedeutet, daß mindestens vier Generationen, etwa bis 1989, zur Kasse gebeten worden wären. Deutschland war am Ende. Die Währung brach zusammen. Die Inflation ging ihrem Höhepunkt entgegen. Hatte es nach dem "Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre der Provinz Schlesien" von 1913 im Kreis Frankenstein neben dem Prinz Friedr.Heinrich von Preußen in Kamenz, oder der Frau Kommerzienrat Güttler, Reichenstein, eine Reihe Millionäre gegeben so wurden jetzt alle Frankensteiner sogar zu "Billionären"! 1 $ war 4,2 Billionen Mark wert. Überall, auch in Frankenstein wurde "Notgeld" gedruckt. Die Inflation wurde dann durch die Einführung der Rentenmark beendet, aber sie hatte auch in Frankenstein wie überall in Deutschland, die meisten Menschen arm gemacht.

Jener Österreicher, Adolf Hitler, machte von sich reden, er benannte die "Deutsche Arbeiter-Partei" um in NSDAP = National sozialistische Arbeiterpartei. Dabei verkündete er das Parteiprogramm. Nach einem mißglückten Putschversuch, kam Hitler in Landsberg in Festungshaft wo er den 1.Band seines Buches "Mein Kampf" schrieb.

Die Parteienlandschaft im Reich war riesig geworden. Doch in Schlesien überwog in den evangelischen Landesteilen die Stimmung für die Sozialdemokratie, in den überwiegend katholischen Teilen hatten die Konservativen, besonders das "Zentrum" die größeren Sympathien. So auch im mehrheitlich katholischen Frankenstein mit seinem Kreis. Hitlers NSDAP hatte da noch keine Möglichkeiten. Doch er machte mit seiner NSDAP immer mehr Schlagzeilen durch Zusammenstöße mit Kommunisten und anderen.

Am 26.4.1925 wurde Hindenburg, der 1918 die deutschen Soldaten in die Heimat zurückgeführt hatte, zum Reichspräsidenten gewählt. Das Leben ging seinen Gang. Man genoß es auch in Frankenstein. Es gab den Stummfilm und viele Vereine, die auch die Kultur pflegten, man feierte Fasching oder Kirmes oder fuhr nach Berlin. Die meisten hatten in der Hauptstadt Verwandte, einst nach Berlin "ausgewanderte". Es hieß nicht umsonst, daß die "besten Berliner aus Schlesien stammten".

Doch in Frankenstein wurde auch fleißig gearbeitet. Trotz der hohen Steuerlasten begannen in Frankenstein Industrie und Handel aufzublühen. Dennoch gab es viele Arbeitslose und Arme.

Reichsaußenminister Stresemann erreichte die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund und bemühte sich um internationale Unterstützung zwecks einer Revision der Ostgrenzen, des polnischen Korridors und des Status von Danzig. Doch schien die Weimarer Republik mit ihren schwachen Regierungen keinen Weg aus der durch das Versailler Diktat entstandenen Not zu finden.

Als Folge des 1.Weltkrieges kam es 1929 zur Weltwirtschaftskrise. Dadurch stieg in Deutschland die Arbeitslosigkeit ins Unerträgliche. Eine "Notverordnung" folgte der anderen, so z.B. mit Kürzungen der Beamtengehälter. Auch in Frankenstein sahen viele die Rettung wohl nur noch in einem starken Mann an der Regierung. Für manchen war das Adolf Hitler.

Durch das Versailler Diktat und die Folgen der Weltwirtschaftskrise kam es 1930 für Adolf Hitler zu einem großen Wahlsieg. 1932 wurde Paul von Hindenburg nochmals zum Reichspräsidenten gewählt.

Am 30.1.1933 verhalf der 85jährige Hindenburg Hitler zum Sieg. Adolf Hitler wurde zum Reichskanzler berufen.

Jetzt begann aus der Sicht heutiger Politiker für Deutschland die "längste Zeit" seiner Geschichte,

nämlich ganze 12 Jahre!

Es wurden 12 Jahre, die für Frankenstein und ganz Schlesien eine schreckliche Bedeutung erlangten!

Frankenstein im "Dritten Reich"

Am 24.3.1933 erging durch Hitler das "Ermächtigungsgesetz". Auch in Frankenstein etablierte sich jetzt die "NSDAP". Beamte, wie Lehrer, wurden mit mehr oder weniger Druck zum Eintritt in die "Partei" gezwungen. Am 2.8.34 starb Hindenburg. Hitler vereinigte jetzt das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers in seiner Person.

Nach den Fahnen Böhmens, der Habsburger, der schwaz-weißen Fahne Preußens und den Farben der Weimarer Republik in Schwarz-Rot-Gold, die von den Lützower Jägern aus Schlesien herrührten

wehte jetzt die "Hakenkreuz-Fahne" über Schlesien.

Hitler hatte freie Hand in Deutschland, nichts stand der Nazi-Diktatur mehr im Wege.

Trotz vieler Widerstände, vergeblich, die Nazi-Partei hatte auch in Frankenstein bald jeden Lebensbereich fest im Griff.

Der Schlesier Landrat Dr.jur.Georg Pietsch wurde am 17.10.33 von den Nazi abgesetzt. An seine Stelle trat der in Bielefeld geborene Dr.jur.Georg Horstmann. Ihm folgte 1934 der in Mönchen-Gladbach geborene Dr.jur.Hermann Ercklentz.

Zur Behebung der Armut wurde das sogenannte "Winterhilfswerk" eingeführt. Der Bau der "Reichsautobahnen" wurde aufgenommen und dabei der "Reichsarbeitsdienst" eingesetzt. Man suchte auch damit die Arbeitslosigkeit zu beheben. Es schien aufwärts zu gehen. In Frankenstein baute die Maschinenfabrik H.Eisner & Söhne Landmaschinen, besonders Dreschmaschinen. Die wurden sogar bis nach Amerika geliefert. Dann gab es die Füllfederhalter-Fabrik "Haro" und viele andere Betriebe. In Frankenstein kaufte man in Geschäften ohne zu fragen, ob sie einem Juden gehörten und man ging zum jüdischen Zahnarzt, viele Patienten wußten garnicht, daß er Jude war. Darin zeigten die Nazi erst später ihr Gesicht. Am 26.1.1934 schloß Hitler mit Polen den Freundschaftsvertrag. Durch Volksabstimmung kam das Saarland am 13.1.1935 zum Reich. Hitler hatte die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Dem politischen Druck der Nazi suchten sich die meisten in Frankenstein irgendwie zu entziehen. Trotz diesem Druck mit Parteiaufmärschen und Hitler-Jugend, das Leben war schön. In Breslau gab es das "Sängerfest" und das "Turnerfest" und viele Frankensteiner fuhren hin. Es gab die schönsten Sachen zu kaufen. In Frankenstein ging man etwa zum Einkauf ins Kaufhaus Kaschuba am Ring, dann zum Fleischer Kaschel eine Knoblauchwurst oder eine "Krakauer" essen, oder ins Cafe Rösner Ecke Kirchstraße beim "schiefen Turm" und aß Torte oder Eis. Dann konnte man ins Kino "Schauburg" gehen, es gab ja jetzt so schöne Tonfilme. Allerdings mußte man schon sparsam sein, die Verdienste lagen nicht gerade hoch. Dennoch fuhr mancher Frankensteiner 1936 nach Berlin zur Olympiade. Auch in Frankenstein gab es Sportvereine wie den SSV-Frankenstein, dessen letzter Vorsitzender Herr Reich war. Man spielte Fußball auf dem Sportgelände, ging im Sommer schwimmen in die Badeanstalten und im Winter fuhr man mit der Kleinbahn ins nahe Gebirge, etwa nach Silberberg zum Skilauf. Am Stolzer Kalkberg konnten die Jungen mit der

Flieger-HJ den Segelflug erlernen.

Daß sich Hitler 1936 mit der Legion Condor in Spanien gegen die Kommunisten für Franco engagierte, fand bei den Frankensteinern wohl kaum Verständnis. Der Bombenangriff deutscher Flugzeuge auf die für den Nachschub der Kommunisten wichtige kleine Brücke bei Guernica, wo es durch ungenauen Abwurf der Bomben in der kleinen Stadt viele Zerstörungen und leider viele Tote gab, sollte den Deutschen noch in ferner Zukunft anhängen. Der Maler Picasso schuf ein Jahr danach (1937) sein berühmtes Monumentalgemälde "Guernica".

Am 13.3.1938 hörten die Frankensteiner im Radio, es gab jetzt fast in jedem Haus einen "Volksempfänger", daß die deutschen Truppen in Österreich einmarschiert waren. Etwas später ließ sich der Österreicher Hitler in Wien bejubeln. 1938 kam es auch zum Münchener Abkommen. Das Sudetenland, welches ohne Abstimmung nach dem Krieg zur Tschechei geschlagen worden war, kam zum Reich. Der Kreis Frankenstein hatte keine Grenze mehr zur Tschechei. Ungehindert konnte man jetzt einen Ausflug zur "Gucke", dem so schön oberhalb Reichenstein gelegenen beliebten Weinlokal, unternehmen.

Doch am 9.11.1938 geschah etwas unbegreifliches. In Deutschland brannten die Synagogen. Auch in Breslau brannte nachts die große Synagoge, Schaufensterscheiben jüdischer Geschäfte wurden zerschlagen, und der immer bei solchen Gelegenheiten schnell anwesende Mob plünderte. Bei den meisten Deutschen, so auch in Frankenstein, war die Bestürzung groß. Auch in Frankenstein hatten die Juden in einem Haus in der Oberstraße ihre Synagoge. Hier hatte es keine Ausschreitungen gegeben. Daß die Juden von den Nazi unterdrückt wurden, daß sich viele ins Ausland absetzten, war ja schon länger bekannt. Beim Einkauf in Breslau sah man auch an jüdischen Geschäften Plakate kleben:"Kauft nicht beim Juden". In Frankenstein wurde die Synagoge später durch die Nazi aufgelöst.

Doch diese Ausschreitungen jetzt, das konnte nicht gut gehen......

Am 22.3.1939 gab Litauen das seit dem Versailler Vertrag abgetrennte Memelland an Deutschland zurück.

Nur mit den Polen gab es weiter Ärger. Bereits in den 20er Jahren hatten die Polen in dem an sie gefallenen Westpreußen und im Gebiet Posen die dort ansässigen Deutschen drangsaliert und damit über 1 Million Deutsche zur Aufgabe ihres Besitzes und zur Flucht ins Reich gezwungen. Schon vor Hitlers Machtergreifung befaßte sich am 15.6.1932 das britische Oberhaus mit dem Geschehen in Polen, der polnischen Anwendung des Terrors gegen die Minderheiten der Deutschen, Ukrainer, Litauer im polnischen Staat. Lord Cecil bezeichnete den polnischen Terror als "das Gewissen der Menschheit erschütternd"!

Seit 1926 hatten die Polen widerrechtlich bei Danzig auf der Halbinsel Hela ein Munitionsdepot angelegt. Immer wieder behinderten sie den Landzugang vom deutschen Reich nach Ostpreußen durch den polnischen "Korridor". Sogar Diplomaten, die von Berlin nach Königsberg wollten, wurden behindert. Deshalb wollte Hitler durch diesen "Korridor" eine exterritoriale Verkehrsverbindung haben. Außerdem wollte er den Anschluß von Danzig ans Reich.

Bereits am 24.10.38 hatte die Hitler-Regierung Vorschläge unterbreitet, die viel bescheidener waren, als die von Stresemann im Jahre 1926: eine exterritoriale Verkehrslinie durch den "Korridor" und Rückkehr von Danzig unter diversen Garantien für Polen. Am 19.11.38 lehnte Polen ab mit dem Hinweis, daß es wegen Danzig zu Konflikten kommen könne. Doch im Frühling, am 21.3.1939 wurde das Angebot an Polen wiederholt und wieder lehnte Polen am 26.3. Verhandlungen ab mit der Drohung durch Lipski, den polnischen Botschafter in Berlin: die Rückkehr Danzigs würde Krieg bedeuten. Zwei Tage davor hatte Polen am 24.3.39 mit der Teilmobilmachung begonnen. Das polnische Heer wurde auf 334.000 Mann vergrößert. Hitler hatte im März Prag besetzt und kündigte am 28.4.1939 den Nichtangriffspakt mit Polen von 1934. Darauf konterten England und Frankreich im Mai mit Beistandsgarantien für Polen. Der polnische Marschall Rydz-Smigly sah sich schon als Sieger am Brandenburger Tor in Berlin und verkündete seinen Offizieren in der Gegend zwischen Kattowitz und Krakau: Polen will Krieg mit Deutschland, und Deutschland wird ihn nicht vermeiden können, selbst wenn es das wollte. Eine polnische Zeitung druckte eine Landkarte mit neuer polnischer Westgrenze nahe bei Berlin. Adolf Hitler versuchte das deutsche Volk auf Krieg zu stimmen mit der Parole vom "Volk ohne Raum". Die Kriegspropaganda lief auf beiden Seiten.

Auf die englisch-französischen Beistandsgarantien für Polen folgte der deutsche Militärvertrag mit Italien. Das deutsche Volk und somit auch die Frankensteiner mußten das alles mit großer Besorgnis verfolgen, häuften sich doch auch die Nachrichten von immer mehr polnischen Übergriffen an den Grenzen, brennende Scheunen in deutschen Dörfern und unter seltsamen Umständen getötete deutsche Zivilisten.

Trotz aller Sorge genoß man die Sommermonate. Viele Frankensteiner erfreuten sich an ihren in den letzten zwei Jahrzehnten in den Neubaugebieten erworbenen Häusern mit Garten. Die Stadt hatte jetzt schon 10.857 Einwohner auf 4,16 qkm. Es war schön in Frankenstein zu wohnen. Mancher machte vielleicht noch mit dem KdF-Schiff "Wilhelm-Gustloff" eine Fahrt in die norwegischen Fjorde. Viele, besonders Kaufleute hatten ein Auto, größere Firmen und Industrien waren längst gut motorisiert. Der "kleine" Mann hatte einen Sparvertrag für einen "Volkswagen" und freute sich, bald auch ein Auto zu besitzen. Doch im August schloß Hitler einen Nichtangriffspakt mit Sowjet-Russland. Die Sorgen im Volke wuchsen: bedeutete das alles wirklich Krieg?

Neue schlechte Nachrichten kamen immer wieder: ein Verkehrsflugzeug D-AHIH (Lufthansa) mit 12 Fluggästen war bei Danzig, außerhalb des Sperrgebietes nördlich der Halbinsel Hela über dem Meer von polnischen Kriegsschiffen beschossen worden.

Ende August läuft die Diplomatie auf Hochtouren. Auch der Papst versucht zu vermitteln. Über des Papstes Vermittlungsversuche äußerte sich der polnische Außenminister Jozef Beck später in seinen Memoiren, daß "sie ihm nur auf die Nerven gingen". In Berlin versucht noch am 3o./31.August der schwedische Kaufmann Birger Dahlerus Verhandlungen zu erreichen. Doch vergeblich wartet er auf Nachricht aus Warschau. Diese kommt als Mobilmachung.

Am 1.9.1939 erfolgte der Einmarsch deutscher Truppen in Polen.

Das Verhängnis begann seinen Lauf.

Der Einmarsch der deutschen Truppen in Polen löste zwei Tage später am 3.9. die Kriegserklärung von England und Frankreich aus.

Überall, auch in Frankenstein mußten die jüngeren Männer zur "Musterung" und wurden zur Wehrmacht "eingezogen". Auch Autos wurden eingezogen und viele Pferde. Nur "kriegswichtige" Autos durften weiter gefahren werden, alle anderen wurden stillgelegt, z.B. die Reifen abmontiert.

Das Schlimmste aber war der Abschied von Männern, Vätern, Söhnen. Die Älteren erinnerten sich noch zu gut an den 1.Weltkrieg, wieviele waren da nicht zurückgekehrt!

Und dann hörte man von den schrecklichen Morden der Polen an hunderten Deutschen sonntags nach dem Kirchgang in Bromberg. Es war der Sonntag der als "Bromberger Blutsonntag" in die Geschichte einging.

Ende September nahmen die deutschen Truppen Warschau ein

Ostpolen wurde von Sowjet-Truppen besetzt. Ein Friedensangebot der Deutschen im Oktober an England und Frankreich wurde von beiden abgelehnt.

Zuhause in Frankenstein mußten schon längst Familien über den "Heldentod" von Angehörigen, Söhnen, Ehegatten, Vätern trauern. Wie würde das weitergehen? Noch lief ja alles einigermaßen normal, sicher, es gab nicht mehr alles zu kaufen. Lebensmittel wurden rationiert, es gab "Lebensmittelkarten", doch es reichte noch gut zum Leben. Für andere Waren, wie Schuhe, gab es dann "Bezugscheine". Unter der arbeitenden Bevölkerung fehlten die Arbeitskräfte der im Krieg befindlichen Männer. Die Frauen mußten einspringen, in der Landwirtschaft, in Krankenhäusern, in der Industrie, besonders in der auf Hochtouren laufenden Rüstungsindustrie, überall.

Im April 1940 besetzten deutsche Truppen Dänemark und Norwegen, so konnte man den Zugang zur Ostsee kontrollieren. Im Mai und Juni ging es gegen die Niederlande, Belgien und Frankreich. Noch im Mai kapitulierten Belgien und die Niederlande. Im Juni 1940 trat Italien unter Mussolini an Hitlers Seite in den Krieg ein. In Frankreich kamen die deutschen Truppen schnell voran. Bei Dünkirchen wurde die britische Armee eingeschlossen. Sie entging der Vernichtung nur durch schnellen Abtransport zurück nach England. In den Kreis Frankenstein kamen französische Kriegsgefange. Sie wurden zur Arbeit eingesetzt, besonders auch in den Dörfern zur Landarbeit.

Am 12.6.40 besetzte das deutsche Militär Paris, das kampflos den Deutschen übergeben worden war.

Über die Champs Elisee am Triumphbogen vorbei wurde eine Parade abgehalten. General Sinnhuber befehligte die schlesische 28.Infanteriedivision zu der die beiden Schweidnitzer Regimenter AR 28 und IR 7 gehörten. Mit diesen seinen Soldaten zu denen sicher auch Frankensteiner gehörten, führte Sinnhuber die Parade an. Bevor General Sinnhuber seine Division zum Vorbeimarsch bei den Oberfehlshabern meldete, schwenkte er mit seinem Pferd zum Grabmal des Unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen, verhielt dort einen Moment und ehrte den toten Gegner mit militärischem Gruß. Erst nach diesem feierlichen Akt führte er seine schlesische Division an den Vorgesetzten vorbei. (36 Jahre später am 14.7.1976, dem französischen Nationalfeiertag, wurde dem Genral a.D. Johann Sinnhuber von den Frontkämpfern Ostfrankreich in Würdigung seiner und seiner schlesischen Soldaten die Goldene Ehrennadel verliehen)

Auch zuhause waren die Zeitungen voll vom Einmarsch in Paris. Am 21.6. wurde durch die Franzosen der Waffenstillstand unterzeichnet.

Für die restlichen Juden in Deutschland war der Kriegsbeginn lebensbedrohend. Juden mußten einen gelben "Judenstern" auf der Brust tragen, auch in Frankenstein. Sie verschwanden bald gänzlich aus dem Stadtbild. Die Bevölkerung beruhigte sich mit der Meinung: sie werden wohl über die neutrale Schweiz ausgewandert sein. Von den nächtlichen Aktionen der Nazi bemerkte kaum jemand etwas. Und wer etwas merkte schwieg, denn manch einer war schon von den Nazi nur wegen Kritik an "Adolf dem Großen" für Monate in ein KZ gekommen. Leider gab es auch in Frankenstein Denunzianten. Wer aus einem KZ zurück kam, der zog es vor, zu schweigen über das dort erlebte.

Immer mehr machte sich das Fehlen der im Krieg befindlichen Männer bemerkbar. Die fehlenden Arbeitskräfte wurden jetzt durch "Fremdarbeiter" ersetzt. Firmen und Bauern konnten Anträge stellen auf Zuteilung solcher Arbeitskräfte. Vom Arbeitsamt Strehlen wurden diese aus dem Osten stammenden jungen Leute zur Arbeitsamt-Nebenstelle Frankenstein gebracht. Dort konnten dann die "Fremdarbeiter" abgeholt werden. Ein Bauer aus Protzan holte z.B. im Sommer 1940 drei junge Mädchen ab, Polinnen und Ukrainerinnen, eine für sich und zwei für andere Bauern in Protzan. Beim Amtsvorsteher wurden sie registriert und den Bauern zugeteilt, die dann monatlich eine Art Sozial-Abgabe beim Amtsvorsteher zu zahlen hatten.

Den ganzen Sommer über hatten deutsche Flieger in England besonders über den Dockanlagen von London Bomben abgeworfen. Göring wollte großspurig den "Luftkrieg" über England gewinnen. Die Engländer hatten die ersten Bomben über Köln am 13.Mai abgeworfen. Im November flogen 454 deutsche Bomber einen Angriff auf englische Industriestädte wie Liverpool, Southampton usw. . Die Nutzlast der Bomber war noch sehr beschränkt und sie litten wie die begleitenden Jäger an Spritmangel. Im Radio hörten die Frankensteiner davon und immer erklang das Lied: "Bomben, Bomben, Bomben auf Engeland....." Doch immer mehr deutsche Piloten stürzten in Görings Luftkrieg gegen England ab. Die Engländer nutzten zur Abwehr Radar und Churchill ließ sich durch Zerstörungen und Tote in englischen Städten nicht beeindrucken. Er lehnte angebotene Friedensverhandlungen ab. Mitte November hörten auch die Frankensteiner im Radio vom deutschen Bombenangriff auf die englische Industriestadt Coventry. Seit drei Monaten waren immer wieder britische Bomben auf deutsche Städte abgeworfen worden. Jetzt am 15.11.1940 waren die Motorenwerke in der Innenstadt von Coventry zum Ziel deutscher Bomben geworden. Von den deutschen Piloten unbeabsichtigt traf eine Fallschirmmine die schöne Kathedrale von Coventry. In der Innenstadt von Coventry kam es zu großen Bränden. Goebbels sprach daraufhin zynisch von "coventrieren" wenn er "dem Erdboden gleich machen" meinte.

Am 22.6.1941 begann Hitler den Krieg gegen Sowjet-Russland. Die Sowjet-Armee traf das unvorbereitet, sie war nicht auf Defensive eingestellt. Stalin war wohl noch in Vorbereitung einer Offensive, die möglichst schnell bis Frankreich vorstoßen sollte. So war man völlig überrumpelt und es kam zu einem schnellen Vormarsch der deutschen Truppen. Bald wurde Leningrad eingeschlossen, das frühere St.Petersburg. Am 21.Juli stand man bei Kiew. Die deutschen Truppen kamen schnell gen Osten voran. Doch im frühen Herbst schon kam die für die deutschen Soldaten ungewohnte "Schlammperiode". Schwere Fahrzeuge, mit Pferden bespannte Artillerie, die Landser mit ihren Stiefeln alles blieb im Schlamm stecken. Noch schlimmer wurde es für sie im russischen Winter mit der ungwohnten Kälte und eisigen Schneestürmen. In der Heimat zeigte im Kino die "Wochenschau", welche immer als Vorspann zum Hauptfilm lief, erdrückend diese Bilder neben denen der "Siege".

In Russland an der "Ostfront" gab es nicht nur Verwundungen durch die Kämpfe, es gab auch scheußliche Erfrierungen. Vieles wurde in "Feldpostbriefen" in die Heimat berichtet, doch wie schwer das alles wirklich war, verschwiegen die meisten Soldaten ihren Angehörigen daheim.

Es kamen viele Verwundete, besonders Schwerverwundete, viele mit Amputationen, in die Krankenhäuser in der Heimat. Die reichten bald nicht mehr aus. In Frankenstein wurde das Mädchen-Lyzeum zum Lazarett umfunktioniert. In Nordafrika nach der Niederlage der Italiener hatte im November Rommel mit seinem Afrikakorps bei Tobruk die Briten eingeschlossen und stieß weiter nach Osten vor. Das Ziel war der Suezkanal um dort die Durchfahrt der feindlichen Schifffe zu verhindern. Auch in Afrika kämpften Männer aus Frankenstein.

Da geschah am 7. Dezember 1941 im fernen Pazifik auf Hawai in Pearl Harbour, dem Perlenhafen, wieder etwas weittragendes. Die Japaner zerstörten die US-Kriegsflotte. Präsident F.D.Roosevelt ließ das geschehen obwohl er von dem geplanten Überfall wußte.(man hatte einen Code knacken können) Jetzt konnte er das vorher widerstrebende amerikanische Volk in den Krieg gegen Japan führen.

Durch die amerikanische Kriegserklärung gegen Japan wurden die Kriegserklärungen Deutschlands und Italiens gegen die USA ausgelöst.

In Frankenstein ahnten viele ältere Menschen was das zu bedeuten hatte, zu sehr erinnerten sie sich an den Ausgang des 1.Weltkrieges durch den damaligen späten Kriegsbeitritt der USA.

Was man nicht wußte, daß um diese Zeit die in London amtierende polnische Exilregierung unter Ministerpräsident Sikorski erste Pläne für die künftigen Grenzen Polens entwickelte. Danach sollte das Gebiet zwischen Oder und westlicher Neisse für unbefristete Zeit militärisch besetzt werden.

In Frankenstein packte man für Weihnachten überall liebevoll "Feldpostpäckchen" für seine Angehörigen an der Front, die das Fest in Bunkern und Schützengräben erleben mußten. Die Angehörigen, die als Soldat das Glück hatten in Frankreich zu sein, hatten es ja im Vergleich gut: manche lebten wirklich wie "Gott in Frankreich" und konnten selbst Päckchen in die Heimat senden.

Der russische Winter und wachsender Widerstand der Russen verhinderten einen raschen Vorstoß auf Moskau und eine schnelle Entscheidung des Krieges. 1942 gab es zwei Vorstöße der Sowjet-Russen: auf die Krim im Januar der im Mai bei Kertsch mit deutschem Sieg endete, und der zweite im Mai bei Charkow der auch zurückgeschlagen wurde. Dann gab es einen deutschen Vorstoß zum Don im Juni und zu den Ölfeldern bei Maikop im August. Deutschland brauchte dringend Erdöl für die Wirtschaft, besonders die Kriegswirtschaft. Nordsee-Öl war ja damals noch nicht erbohrt.

Rommel stand in Nordafrika im Juli 1942 bei El Alamein. Die ägyptischen Städte Alexandria und Kairo waren bedroht. Ein britischer Gegenangriff warf ihn zurück.

Im Osten führte die Sommeroffensive die deutschen Truppen bis südlich des Don, bis Stalingrad wo es schwere Kämpfe gab. Durch die sowjetische Winteroffensive wurde Stalingrad mit der 6.Armee unter Paulus von den Russen eingeschlossen. Im Februar 1943 kapitulierte Paulus mit etwa 200 000 Mann, welche die entsetzlichen Straßenschlachten überlebt hatten. Auch von ihnen sahen nur wenige die Heimat wieder. Die meisten starben in Sibirien im sowjetischen GULAG. Es waren auch viele Frankensteiner dabei. In den langen Listen der im Krieg gefallenen Frankensteiner liest man hinter manchem Namen: gefallen in Stalingrad oder vermißt in Stalingrad........

Vor und nach ihrem Kriegseintritt unterstützten die USA die Feinde der Deutschen. Allein Sowjet-Russland erhielt von den USA u.a. 8 800 Flugzeuge, 5 200 Kampfwagen, 256 000 motorisierte Fahrzeuge, 2½ Millionen t Lebensmittel und 1½ Millionen t Stahl.

Im deutschen Reich mußten in der Rüstungsindustrie und überhaupt zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft immer mehr "Fremdarbeiter" eingesetzt werden. Kriegsgefangene und zivile Männer und Frauen besonders aus dem Osten wurden eingesetzt als Ersatz für die Deutschen, welche Tag und Nacht an den Kriegsfronten dem Tod ins Auge sahen. Doch nicht nur die Soldaten sahen dauernd dem Tod ins Auge. Im Sommer 1941 hatte der planmäßige Luftkrieg, der Bombenterror auf die deutschen Städte, begonnen. Hier lebten die Menschen, hauptsächlich Frauen, Kinder und alte Leute, dauernd in Angst vor den Bomben der Alliierten. Hamburg war in Phosphorbränden vernichtet worden, Aachen, Köln nirgends konnte die deutsche Zivilbevölkerung mehr ruhig schlafen. Sie lebte mehr oder weniger in den "Luftschutzkellern". Das ging jetzt schon Jahre so. Da war das noch in Ruhe liegende Schlesien zum "Luftschutzkeller Deutschlands" geworden. Auch in Stadt und Kreis Frankenstein wurden viele Familien, Frauen mit Kindern, als sogenannte "Evakuierte" aus westdeutschen Städten untergebracht. In Frankenstein hatte wohl auch mancher anfangs auf Landkarten mit Fähnchen oder Nadeln die siegreich vorangehenden deutschen Fronten abgesteckt. Nach der Niederlage von Stalingrad im Februar 1943 wurde das anders.

Jetzt sah man im Kino in der "Wochenschau" vor den schönen UFA-Filmen mit Ilse Werner, Christina Söderbaum, Willy Birgel oder Rene Deltgen, fast nur noch Bilder vom "siegreichen" Rückzug, denn die deutsche Verteidigung im Osten war so geschwächt, daß die Vorstöße der Russen nur verzögert werden konnten. Zuhause wurden immer mehr auch ältere Männer zur Wehrmacht eingezogen. Auf die Lebensmittelkarten gab es immer weniger zu kaufen, es gab Schuhe mit Holzsohlen da Leder fehlte und Heizmaterial, Kohlen, wurde knapp. Auf Plakaten sah man überall den "Kohlenklau" zu sparsamem Umgang mit Energie mahnen. Das schlimmste aber war, es gab immer mehr tote Angehörige zu beklagen.

Im Sommer 1943 landeten die Alliierten auf der italienischen Insel Sizilien und am 3.September kapitulierten die Italiener. Für die Deutschen gab es eine neue Kriegsfront im Süden. Wie in Russland litten die deutschen Soldaten jetzt auch in Italien unter Partisanen. Auch aus Frankenstein Stadt und Kreis kamen Männer durch die Partisanen um. Aus Russland erhielt eine Familie in Groß Olbersdorf mit der Nachricht über den "Heldentod" des einzigen Sohnes seinen angefangenen Brief an die Eltern und die Mitteilung wie er starb: Er war über dem Schreiben des Briefes im Bunker sitzend, hinterrücks von Partisanen erstochen worden, die vorher auch die wachehaltenden Kameraden auf die gleiche Weise ermordet hatten. Solche Partisanenüberfälle auf deutsche Soldaten lösten meistens dann eine blutige Rache an Unschuldigen aus, weil sich die wirklich Schuldigen aus Feigheit nicht meldeten. Partisanen wurden aber von jeher in allen Heeren geächtet. Allerdings, daß öfters noch im 20.Jahrhundert grausame Geiselerschießungen nach der altrömischen Fromel 1:10 vorgenommen wurden, ist und bleibt unverzeihlich.

Im Herbst 1943 wurde im neutralen Schweden wieder einem Schlesier ein Nobelpreis für Chemie verliehen: Friedrich Bergius, 1884 in Breslau geboren. Er würde seinen Preis aber erst nach dem Krieg entgegennehmen können, so las man auch in Frankenstein in der Zeitung..

Im Sommer 1944 am 4. Juni wurde Rom kampflos von den Deutschen geräumt. Die Alliierten konnten die herrliche Stadt unzerstört besetzen.

Am 6.Juni begann an der Küste der Normandie die "Invasion". Die Alliierten waren gelandet und konnten nicht mehr zurückgeschlagen werden. Am 20.7.1944 scheiterte das Attentat auf Hitler. Durch alle Lautsprecher ging die Nachricht von der "göttlichen Fügung",der "Vorsehung", die den "Führer" gerettet habe, daß er nur leicht verletzt überlebt hatte und der Attentäter Graf von Stauffenberg festgenommen werden konnte. Auch in Frankenstein waren manche begeistert über des "Führers" Rettung, die meisten aber, die weiterblickenden, nahmen die Nachricht mit sehr gemischten Gefühlen auf. Damals wußte kaum einer, daß dieses Attentat ganz in der Nähe von Frankenstein auf dem Gut der Grafen von Moltke in Kreisau bei Schweidnitz geplant wurde.

Am 24.8. waren die Alliierten schon bis Paris vorgedrungen. Der Schlesier-General von Choltitz, der letzte Kommandant von Paris übergab gegen Hitlers Befehl, sein Leben riskierend, die Stadt kampflos und ohne Zerstörungen den alliierten Truppen. Paris war wie Rom gerettet.

Im Osten waren inzwischen die Russen bis Warschau an die Weichsel vorgedrungen. Die Polen wollten die Ehre Warschau erobert zu haben, den Russen nicht allein überlassen. So kam es Anfang August in Warschau zu ihrem Aufstand, wobei sie mit baldiger Hilfe der Sowjets rechneten. Sie hofften vergeblich, die russischen Truppen rührten sich nicht. Von jenseits der Weichsel sahen sie zu, wie der Aufstand der Polen von den Deutschen in den Monaten August und September blutig niedergeschlagen wurde.

In den Sommerferien 1944 begann man in Breslau Schulen zu schließen und die Schüler zu evakuieren, z.B. in Verwaltungs-Flügel des Schlosses in Oels. Darum kamen jetzt auch Kinder aus Breslau zu Verwandten in den Kreis Frankenstein und besuchten nach den Ferien die Schulen der Stadt. Viele Jugendliche aus Stadt und Kreis wurden zum Unternehmen "Barthold"(so genannt nach einem schlesischen Landvogt zur Zeit der deutschen Besiedlung) zum "Schippen" herangezogen. Das hieß an den nördlichen Grenzen Schlesiens Schützen- und Panzergräben ausheben. Es war sehr hart für die 15-16jährigen Jungen und Mädchen monatelang in primitiven Lagern und Unterkünften zu hausen und an der Grenze zu Polen körperliche Schwerstarbeit zu leisten. Erst im Dezember sollten die letzten wieder zuhause sein.

Im August wurde die alte preußische Krönungsstadt Königsberg in Ostpreußen durch Bomben zerstört. Doch Anfang September keimte auch unter den Frankensteinern etwas Hoffnung auf, hatten nicht Hitler und seine Parteigrößen wie Goebbels immer von "Wunderwaffen" gefaselt?

Am 8.9.1944 war die erste V2-Rakete auf London abgeschossen worden. Sollte es wirklich mit der "Wunderwaffe", an die niemand mehr geglaubt hatte, zu einer Änderung der mittlerweile verzweifelten Lage kommen? Doch die "Wunderwaffen" V1 und V2 konnten Deutschland nicht mehr zum Sieg verhelfen. Wer aber konnte damals ahnen, daß 25 Jahre später die in alle Welt vertriebenen Frankensteiner erleben würden, wie die Weiterentwicklung der "Wunderwaffe" aus Peenemünde den US-Amerikanern zu ihrem Sieg im Wettlauf zum Mond verhelfen würde, daß sie am 24.7.1969 auf dem Mond ihr Sternenbanner aufstellen würden?

Unter großen Sorgen hatte man im Kreis Frankenstein die Getreide- und die Kartoffelernte eingebracht. Man erwartete einen schweren Winter und bangte überall um seine Angehörigen an den vielen immer mehr zusammenbrechenden Fronten im Osten, Süden, Westen.

Am 16.Oktober begannen die Sowjets mit ihrer Großoffensive gegen die Ostgrenze von Ostpreußen. Vier Tage später am 20./21.10 erreichte die Rote Armee dort das deutsche Nemmersdorf. Als das Dorf von deutschen Soldaten kurz danach zurückerobert wurde, bot sich ihnen ein schreckliches Bild: vergewaltigte Frauen, Kinder, Greise und Säuglinge bestialisch umgebracht. Besonders die Hetze des sowjetischen Journalisten und Schriftstellers Ilja Ehrenburg zeigte hier und künftig entsetzliche Auswirkungen. Ehrenburg hetzte in Zeitungen und Flugblättern: "wenn du einen Deutschen getötet hast, so töte einen zweiten - für uns gibt es nichts Lustigeres als deutsche Leichen. Zähle nicht die Kilometer, zähle nur eines: die von uns getöteten Deutschen! Töte den Deutschen."........

In Ostpreußen begann die große Flucht.

In Schlesien und Frankenstein feierte man das letzte relativ friedliche Weihnachtsfest.

Der Jahreswechsel 1944 zum Jahr 1945 folgte und stand ganz unter der bangen Frage, was wird das Jahr 1945 bringen?

Das Jahr 1945 beginnt, der 2 Weltkrieg nähert sich seinem Ende.

Ab 12.Januar griffen die Sowjets weiter Ostpreußen an, in Schlesien Marschall Konjew die Stadt Breslau. Am 19.1. erreichte die Rote Armee oberschlesischen Boden bei Preußisch Herby/Lublinitz. Die Mittelfront wurde aufgebrochen, so daß die noch von Deutschen besetzen Gebiete in Polen durch die Rote Armee eingenommen werden konnten. Über Breslau fällt Mitte Januar die Entscheidung: Breslau wird Festung. Es beginnt die Evakuierung von Frauen und Kindern. Tausende strömen zu den Breslauer Bahnhöfen um noch Züge zu erreichen. Der Fahrplan brach zusammen. Das wirkte sich auch auf den Bahnverkehr in Frankenstein aus. Mit letzten Eisenbahnzügen konnten manche aus Breslau das verschneite Gebirge erreichen, manche bei Verwandten unterkommen, so auch im Kreis Frankenstein. Andere versuchten in den Westen zu gelangen. Auch die wegen des Bombenterrors aus dem Westen nach Schlesien evakuierten Frauen mit ihren Kindern versuchten schnellstens Schlesien zu verlassen: lieber den Bomben der Alliierten ausgesetzt sein, als in die Hände der Russen fallen! Für sie war es beruhigend, daß an den westdeutschen Grenzen die West-Alliierten standen.

Im Winter in größter Kälte zogen die Planwagen der Trecks in Ostpreußen, wenn sie nicht schon vorher durch vorrückende russische Panzer zermalmt worden waren, über das Eis des kurischen Haffs. Aus Breslau zogen jetzt lange Kolonnen Frauen und Kinder mit Handwägelchen oder Rodelschlitten durch Schneewehen bei eisiger Kälte zu Fuß über die Landstraßen westwärts. Es gab keine Transportmittel mehr. Viele Mütter merkten nicht, daß ihr Kind in ihrem Arm längst erfroren war. Auch durch Frankenstein kamen Trecks aus Oberschlesien, rasteten nachts bei Bauern im Kreis, Frauen, Kinder, alte Leute mit ihrer Habe auf Pferdewagen. Sie trugen noch die Hoffnung, daß sie in einigen Wochen wieder daheim sein würden. Und dann zog noch eine andere Kolonne durch Frankenstein und machte den Frankensteinern das Elend der KZ deutlich. KZ-Insassen, ausgemergelte, frierende Männer in dünnen, gestreiften Anzügen angeblich vom Lager Heydebreck in Oberschlesien kamen sie zu Fuß aus Richtung Patschkau. In Schrom oder Reichenau sollten sie in einer Scheune übernachtet haben. Über Kamenz durch Frankenstein wurden sie über Protzan und Dittmannsdorf weiter getrieben. Die Bewacher trieben sie erbarmungslos vorwärts, viele Tote blieben an den Straßenrändern liegen. Für die Bevölkerung, die tatenlos zusehen mußte, höchstens durch Zuwerfen von Brotstücken etwas helfen konnte, eine schreckliche Erkenntnis: Das war es also, von dem Wissende oder nur Ahnungsvolle nicht zu reden gewagt hatten.......

Die Russen standen nicht weit von der nord-östl.Grenze Schlesiens bei Oswiecim/Auschwitz in Polen. Am 27.1.45 befreiten sie die Überlebenden des KZ Auschwitz und fanden Berge von Leichen. Bilder dieses Grauens gingen um die Welt. Nur in Nazi-Deutschland konnte sie keiner sehen. Den Sowjet-Russen erschien ihr Haß auf die Deutschen jetzt besonders gerechtfertigt. Aber von den Frauen und Kindern in Schlesien und Frankenstein, die dieser Haß später so furchtbar traf, wußte keines etwas von dem unvorstellbaren, entsetzlichen Geschehen im KZ Auschwitz.

Am gleichen Tag 27.1.1945 kam aus Breslau, das zur Festung erklärt worden war, Herr Paul Karger zurück nach Frankenstein. Er war bevor er nach Breslau versetzt worden war, am Amtsgericht in Frankenstein tätig gewesen. Paul Karger, obwohl unter Aufsicht des SD(Sicherheitsdienst) der Nazi gestellt, nahm Kontakt auf zu Erzpriester Wittig, versicherte sich der Meinung des Landrates Dr.Ercklentz und plante die Aufstellung einer Kampfgruppe zwecks Vertreibung der Nazi.

Am 30. Januar gab es eine neue Schreckensmeldung: Das ehemalige KdF-Schiff "Wilhelm Gustloff" war durch einen russischen Torpedo mit tausenden Flüchtlingen an Bord in der Ostsee versenkt worden. Am 9.Februar wurde die mit 3.000 Flüchtlingen und Verwundeten völlig überladene "Steuben" ebenso in der Ostsee versenkt.

Die Katastrophenmeldungen häuften sich. Wer konnte, hörte auch in Frankenstein den "Feindsender" BBC, und Lale Andersen sang für alle Soldaten "Vor der Kaserne vor dem großen Tor......"

Jetzt wurden noch alle verfügbaren Männer jeglichen Alters, auch 16 jährige zum "Volkssturm" eingezogen. Dieser wurde in der Zuckerfabrik in Zadel "kaserniert".

Neue schreckliche Nachricht kam von Dresden. Die Alliierten hatten am 13. Februar die wunderschöne Stadt, das deutsche Elb-Florenz, mit ihrem Bombenterror zerstört. Zahllose Menschen waren zu Aschehäufchen verbrannt. 250.000 Tote mußten nach Berlin gemeldet werden, nur 30.000 konnte man identifizieren!

In der Innenstadt von Dresden hatte es keine kriegswichtigen Motorenwerke gegeben wie im englischen Coventry, in Dresden gab es tausende Flüchtlinge aus Schlesien.......

Die Sowjets hatten das oberschlesische Industriegebiet besetzt und waren bis zur Glatzer Neisse vorgedrungen. Die Stadt Neisse war auch zur Festung erklärt worden und wurde jetzt von den deutschen Soldaten hart verteidigt. Am 8.Februar waren die Sowjets von ihren Oderbrückenköpfen bei Brieg und Steinau erneut zum Vorstoß angetreten. Die deutschen Truppen südlich von Breslau mußten sich in Richtung Zobten zurückziehen. Die Stadt Breslau hatten etwa 700.000 Menschen verlassen müssen, aber ca. 200.000 waren geblieben. Jetzt am 15. Februar wurde Breslau mit ihnen von der Roten Armee eingeschlossen. In Frankenstein hörte man je nach Wetterlage das Dröhnen und Donnern der Geschütze entweder aus Richtung Breslau oder von Neisse. Die Angst war zum ständigen Begleiter der Menschen geworden. In der Stadt Frankenstein hatte man in den Ausfallstraßen aus dicken Baumstämmen "Panzersperren" errichtet. Dort kontrollierte die Militärpolizei, die wegen der auf der Brust getragenen an einer Kette um den Hals hängenden Erkennungsplatte "Kettenhunde" genannt wurde, die Papiere der durchfahrenden Wehrmachtsfahrzeuge.

Mit den ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen begann endlich der Schnee zu schmilzen. Am 7.März wurde Kolberg in Pommern von den Russen eingeschlossen, die Rote Armee stieß auch dort zur Oder vor.

Am 14.März 1945 übernahm Polen die Gebietshoheit über die bereits besetzten deutschen Ostgebiete. Doch davon wußte man in Frankenstein und sonst in Schlesien nichts. Das Verhängnis nahm weiter seinen Lauf.

Was man aber aus dem Radio hörte: die alliierten Bomber hatten am 16.März die herrliche Innenstadt von Würzburg in Trümmer gelegt. Die Innenstadt von Würzburg mit ihren Kunstschätzen ein kriegswichtiges Ziel? War nicht für die Alliierten der Krieg längst entschieden?

Was die Frankensteiner und die eingeschlossenen Breslauer auch nicht wußten: am 24.3.1945 wurde der Pole Dr.Boleslaw Drobner zum Stadtpräsidenten (Oberbürgermeister ) von Breslau ernannt!

Am 29. März erreichten die Russen die Odermündung bei Stettin und in Breslau wurde um jeden Häuserblock gekämpft. In Breslau ließ der Nazi-Gauleiter Hanke von den in der Stadt verbliebenen Frauen und 10jährigen Kindern unter Feindbeschuß eine Rollbahn bauen von der kein Mensch mehr ausgeflogen wurde. Das sollte nur ihm vorbehalten sein.

Ende März war die 2.Polnische Armee unter General Karol Swierczewski in die Gegend nördlich von Breslau vorgerückt. Sie sollte sich dort an den Kämpfen beteiligen, wurde dann aber an die Neisse befehligt. An Osterrn 1. und 2.April warfen hunderte von Flugzeugen mehrere tausend Bomben auf das Stadtgebiet von Breslau. Die schlimmste Bombardierung war die am Ostermontag als sich die eingeschlossenen Breslauer in den Kirchen auf der Dominsel zum Gottesdienst befanden. Die abgeworfenen Phosphorbomben verursachten eine Feursbrust, die die ganze Stadt ergriff.

Doch wer erfuhr davon in Frankenstein etwas? Von Breslau kamen ja kaum noch Nachrichten.

In Frankenstein wurde in den Ostergottesdiensten heiß gebetet.

Am 16.April wird ein drittes mit Flüchtlingen aus Ostpreußen überladenes Schiff in der Ostsee versenkt, die "Goya". Von 6.385 an Bord gewesenen Flüchtlingen konnten nur 165 gerettet werden. Der einstige Untergang der "Titanic" war nichts gegen diese Katastrophe!

Am 20.April, Ironie der Geschichte es war Hitlers Geburtstag, war im bereits von den Russen besetzten Trebnitz die erste Verwaltungsgruppe des "Bevollmächtigten der polnischen Regierung im Raum Niederschlesien" angekommen. Trebnitz wurde zum Sitz der polnischen Behörden gewählt, ausgerechnet die Stadt der Hl.Hedwig von Andechs!

Am 25.April trafen sich amerikanische und sowjetische Truppen bei Torgau an der Elbe.

Fünf Tage später, am 30.4.1945, starb Adolf Hitler mit seiner ihm kurz vorher angetrauten Ehefrau Eva Braun im Bunker der Reichskanzlei durch Selbstmord. Der Mann, der sich als angeblich von der "Vorsehung" zum "Führer" berufen, an die Spitze Deutschlands gesetzt hatte, hatte Deutschland in eine schreckliche Katastrophe geführt. Der Verantwortung hat er sich entzogen.......

Am 2.Mai, in Breslau tobten noch letzte Kämpfe, kapitulierten die tapferen Verteidiger in Berlin.

Die siegreichen Sowjet-Soldaten konnten auf dem deutschen Reichstag ihre Flagge hissen.

In Frankenstein hoffte man auf ein baldiges Ende des Krieges, sah ihm aber mit sehr gemischeten Gefühlen entgegen. Hatte man nicht immer gesagt:

Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende?

Am Morgen des 6.5. floh Nazi-Gauleiter Hanke mit dem Flugzeug des General Niehoff über die beim Bau mit dem Blut von Frauen und Kindern getränkte Rollbahn aus der Festung Breslau.

Am Abend des gleichen Tages, 6.Mai 1945, unterschrieb General Niehoff in der Villa "Colonia" an der Kaiser-Friedrich-Straße die Kapitulation. Breslau stand den Sowjet-Soldaten und den Polen offen. Offen stand ihnen auch der Weg nach Frankenstein, denn überall in Schlesien war der Widerstand der deutschen Soldaten jetzt gebrochen.

In Frankenstein trafen sich an diesem Sonntag Paul Karger, Erzpriester Wittig (Stadtpfarrer von Frankenstein), Pfarrer Kurnoth (von Zadel) und Pfarrer Fritsch (von Tarnau) zu einer Beratung auf dem Friedhof in der Wohnung des Totengräbers Kabierschke, dazu war noch Rektor Hoinkis gekommen. Hier kam man überein, den Kampfkommandanten der Wehrmacht aufzusuchen und diesen zur Übergabe der Stadt zu bewegen. Der Kampfkommendant war zwar einverstanden aber nicht allein zuständig. Er verwies die Herren an den Ortskommandanten Graf Strachwitz. Da man diesen nicht erreichte, konnten die Verhandlungen mit Graf Strachwitz erst am nächsten Tag erfolgen. Auch Graf Strachwitz war bereit, es sollte aber die Bevölkerung von Frankenstein zu einer Versammlung gerufen werden. Die fand schon am Nachmittag statt. Auch Landrat Dr.Ercklentz erschien. Graf Strachwitz wurde zum neuen Landrat gewählt und Paul Karger zum Stellvertreter und neuen Bürgermeister von Frankenstein. Der abgewählte Landrat Dr.Ercklentz verabschiedete sich und der neue und letzte Bürgermeister von Frankenstein Paul Karger begab sich zum Rathaus, wo er auf dem Turm die weiße Fahne hissen ließ. Es war der 7.Mai 1945. (nach Paul Karger, Frankenst. Heimatbrief Nr 7/70)

Die deutschen Soldaten befanden sich auf panischem Rückzug. Dauernd donnerten ihre Fahrzeuge durch die engen Straßen von Frankenstein. Die Bevölkerung erwartete mit Angst das Kommen der russischen Soldaten. Man wußte ja was das bedeutete: Plünderung, Vergewaltigung, Mord!

Man versteckte Wertsachen und mancher überlegte, ob es sich noch lohne wenigstens ins Gebirge mit seinen Wäldern zu fliehen.

Über der Stadt und den Dörfern lag eine drückende, beunruhigende Spannung. Der Krieg war doch bisher am Frankensteiner Land fast vorbeigegangen, von ein paar russischen Tieffliegern abgesehen, die im Umland auf Menschen im freien Feld geschossen hatten. Die Wehrmacht hatte im Norden Breslau verteidigt, im Osten die Stadt Neisse. Der hauptsächliche Vorstoß der Russen hatte sich auf Berlin gerichtet. In Frankenstein hatte es bisher keinerlei Kämpfe gegeben, nichts rein garnichts war zerstört worden. Doch was würde jetzt kommen? Von Teheran und Jalta wußte niemand etwas, und was dort drei Männer über das Nachkriegs-Schicksal Deutschlands beschlossen hatten: Drei Männer, Stalin der weiter die Herrschaft des Bolschewismus über ganz Europa anstrebte, dann der bereits vom Tod gezeichnete Deutschenhasser Roosevelt und dazu Churchill; Churchill, der Verantwortliche für den Bombenterror auf deutsche Städte, der aber nie die Bahngleise zum KZ Auschwitz vernichten ließ, obwohl diese oft von alliierten Bombern überflogen wurden. Niemand bei uns wußte vom Streichhölzchenspiel dieses Mannes, mit dem er neue Grenzen auch für Deutschlands Osten zog. Denn Stalin bestand auf seiner Rücknahme der Gebiete von Ukraine, Weißrussland und dazu Litauen, all dessen was sich einst Polen nach dem 1.Weltkrieg kriegerisch erobert und einverleibt hatte. So wußte man natürlich in Frankenstein auch nicht, daß die Polen mit deutschem Land entschädigt werden sollten.

Jetzt am 7.Mai erwartete man in Frankenstein mit bangen Herzen das Kommen der siegreichen Roten Armee. Nachdem Bürgermeister Karger auf dem Turm des Rathauses die weiße Fahne hatte aufziehen lassen, hatten die Frankensteiner überall aus ihren Fenstern Bettücher als weiße Fahnen gehängt. Verstreute, letzte deutsche Einheiten hatten sich nach Süden ins Gebirge zurückgezogen. In Wartha

sprengte eine SS-Einheit noch die schöne alte Brücke. Aus der Umgebung von Frankenstein waren nur nur vereinzelte Schüsse zu hören. In Frankenstein befand sich noch ein Sprengkommando, dem Bürgermeister Karger die Anordnung gab, ohne Sprengungen abzurücken. Die Soldaten waren froh, daß sie mit einem gestempelten Papier fortgehen konnten. Ab der Mittagszeit erwartete Paul Karger die Russen. Aber erst am späten Abend konnte er die Stadt dem russischen Kommandanten übergeben.

In der Nacht vom 7. zum 8.Mai kapitulierte die deutsche Wehrmacht, bedingungslos, wie gefordert.....

Das letzte Kapitel des deutschen Frankenstein: die "Befreiung"

Die Russen sind da!

Jetzt waren sie da, die Russen. Von Norden waren sie gekommen über die alte Königsstraße, die schon in den Jahrhunderten vorher immer wieder zur Heerstraße geworden war. Sie besetzten die völlig intakte Stadt. Die Russen waren da; ab und zu schießend durchforschten sie die Straßen und kamen bald zum Ring. Von deutscher Seite war kein Schuß mehr gefallen. Teile der russischen Einheiten zogen weiter Richtung Süden hinter den letzten deutschen Soldaten her über die Dörfer, über Wartha nach Glatz. Die in der Stadt bleibenden Russen drangen in Häuser und Geschäfte ein unter dem Vorwand, nach deutschen Soldaten zu suchen, besonders nach SS. Sie begannen zu plündern. Schon in den ersten Stunden mußten eine Reihe von Bürgern Häuser oder Wohnungen freimachen für russische Soldaten. In der Nacht feierten die Russen die deutsche Kapitulation, ihren Sieg.

Überall in Geschäften, in Gaststätten, sogar in Apotheken hatten sie nach Alkohol gesucht. Jetzt waren sie völlig betrunken und gröhlten durch die Stadt. Sie zogen umher und suchten nach Frauen und Mädchen. Es kam zu Vergewaltigungen. In Zadel wurde eine Magd erschossen. Tagelang feierte die Rote Armee den Sieg in ihrem "Vaterländischen Krieg". Die Frankensteiner brachten diese Tage in verbarrikadierten Wohnungen zu. Dennoch kam es immer wieder zu Vergewaltigungen und danach auch zu Selbstmorden der Gepeinigten.

Dann meldete sich der russische Stadtkommandant zu Worte:

Es solle in Frankenstein so werden, wie es vor dem 30.1.1933, vor Hitler, war. Major Udaletz hatte Bürgermeister Paul Karger zum Bezirksbürgermeister ernannt, damit war Karger Bürgermeister und Landrat des Bezirks, der sich bis einschließlich Münsterberg ausdehnte. In den Dörfern suchten die Sowjet-Russen unter den Deutschen nach alten Kommunisten für das Bürgermeisteramt, egal ob geeignet oder nicht. Schulen und Kindergärten sollten wieder geöffnet werden. Bürgermeister Karger versuchte mit Hilfe des Gutsbesitzers Alexander Volkmer aus Zadel die Ernährung und Versorgung der Bevölkerung zu sichern und Handel und Handwerk zu mobilisieren. Bereits am dritten Tag nach der Kapitulation konnten schon 3000 l Milch für Säuglinge und Kinder zur Verfügun gestellt werden. Hier und da gab es wieder Brot oder Gemüse. Schon nach zwei Wochen lieferten die Bauern wieder 20.000 l Milch an die Molkerei. So konnte die Bevölkerung pro Woche 100 Gramm Butter erhalten.

In Kattowitz, das 1921 trotz Abstimmung mit 85,4% für Deutschland, an Polen gefallen war, forderte der polnische Bischof Adamski am 15.Mai 1945 die Deutschen auf, Schlesien zu verlassen. Am gleichen Tag verlegten die Polen, da Lemberg (330.000 Einwohner) an die Sowjet-Ukraine fiel, die dortige Universität nach Breslau.

Doch davon hörten die Frankensteiner nichts, denn es gab keine deutsche Zeitung und ein Radio besaß man auch nicht mehr. Die Russen hatten angeordnet, daß alle Radios abgegeben werden mußten. Die deutsche Bevölkerung war von der Welt abgeschnitten. Niemand wußte, was etwa in Berlin oder anderswo geschah. Es kam auch keine Post mehr. So wußte auch niemand etwas über das Ergehen seiner Angehörigen, besonders derer die sich noch zuletzt bei der Wehrmacht befanden. Waren sie in russische Gefangenschaft geraten, in anglo-amerikanische oder in Jugoslawien, lebten sie überhaupt noch? Nichts als Ungewißheit! Nur ganz wenige Wehrmachtsangehörige konnten sich, teilweise als Verwundete aus Lazaretten, in die Heimat durchschleppen.

Es war sommerlich heiß geworden in diesem Mai. Wer die Stadt südlich auf Baumgarten zu verließ, der begegnete den von Glatz /Wartha kommenden Kolonnen gefangener deutscher Soldaten. Ihre Bewacher, die Rotarmisten, ritten bewaffnet zwischen den zum Teil verwundeten deutschen Soldaten. Diese schleppten sich in zerfetzten Uniformen, viele ohne Schuhe, nur Lappen um die wunden Füße gewickelt, durstig die Straßen entlang. "Dawei! Dawei!" trieben die Russen sie gen Osten, Richtung Gefangenschaft, Sibirien. Deutsche Zivilisten mußten dann die Straße verlassen, ins Feld über den Straßengraben. Viele Trecks vor den Russen geflohener Deutscher durchquerten auf ihrem Heimweg die Stadt Frankenstein. Von Bürgermeister Karger und seinem getreuen Helfer Bürodirektor Max Krause mußten hunderte von Passierscheinen ausgestellt und von den Sowjets abgestempelt werden.

An einem Tag sah die ganze Hindenburgstraße "märchenhaft" aus, als ob Frau Holle ihre Betten geschüttelt hätte. Überall lagen und flogen geschlissene, weiße Federn umher. Die Russen hatten den Deutschen ihre Federbetten aus den Häusern geholt, die roten Inlett aufgeschlitzt und die Federn auf der Straße ausgeschüttet. (erlebt und erzählt von Anna Schneider und Martha Vogel, der Ehefrau von Paul Vogel, Kolonialwaren, Hindenburgstr.4) An dem Platz am Prinzeneck wo von der Hindenburgstraße die Reichenbacher Straße und die Bahnhofsallee abzweigen, hatten sich nämlich die Russen aus Brettern ein "Ehrenmal" gezimmert. Das wurde mit dem roten Inlett der deutschen Federbetten umkleidet. Obenauf thronte ein Sowjetstern.

In der Stadt und den Dörfern suchten die Sowjets überall nach "Nazis". Wen sie als solchen erkannt zu haben glaubten, den holten sie aus seiner Wohnung und brachten ihn in den Keller des Rathauses. Dort wurden die Deutschen dann tagelangen Verhören unterzogen: Bist du ein Nazi? wurde gefragt. Ja? So gab es Schläge. Lautete die Antwort der Gepeinigten "nein", dann hieß es: Du lügst! dann gab es auch Schläge. Erst Tage später wurden die Gefangenen mit Blutergüssen am ganzen Leib entlassen.

An der Staatsbahn begannen die Russen das zweite Gleis abzubauen. Nazi und solche die dafür gehalten wurden, wie Lehrer usw., mußten die Schienen demontieren. Diese waren nur wenige Jahre vorher durch russische Kriegsgefangene völlig erneuert worden. Jetzt wurden diese Schienen in die Sowjetunion abtransportiert. Trotz allem versuchten die Deutschen das Leben nach dem totalen Zusammenbruch zu normalisieren. Der sowjetische Stadtkommandant tolerierte auch das kirchliche Leben, er gab die Genehmigung zur Abhaltung von Gottesdiensten. Als die Kirchenglocken läuteten schämter er sich nicht seiner Tränen, er hatte das seit Jahren nicht mehr gehört. Pfingsten wurde in den Kirchen fast wie immer gefeiert. An Fronleichnam konnte auch die übliche Prozession um den Ring ziehen. Sie mußte nur von Bürgermeister Karger mit den "politischen Leitern" überwacht werden.

In der Schule am Rosenring sollte der Unterricht des Gymnasiums wieder aufgenommen werden. Da die Kleinbahn noch nicht verkehrte, kamen die Schüler aus den Dörfern zu Fuß in die Stadt. Die Bauern draußen bestellten ihre Felder trotz der Angst, daß ihnen russische Soldaten die Pferde ausspannten, was öfter passierte. Ganz besonders beliebt bei den Rotarmisten waren Fahrräder und Uhren. Manche trugen den ganzen Unterarm voll dieser Beutestücke. Die Bauern mußten den größten Teil ihrer Milchkühe abgeben. Die Russen trieben mit Hilfe zwangsverpflichteter Deutscher ganze Herden davon. Auch in den Dörfern lag überall russische "Einquartierung".

Leider wurde der erste, verständnisvolle, russische Stadtkommandant mit seinem Stabe bald von einem anderen abgelöst. Dadurch verschlechterte sich das Leben in der Stadt sehr.

Doch es sollte noch schlimmer werden:

Ohne Wissen der betroffenen Deutschen kam Schlesien unter polnische Verwaltung.

Frankenstein wird von den Polen besetzt

In Frankenstein waren schon am 21.Mai 1945 die ersten Polen zur Übernahme der Verwaltung eingetroffen.

Ohne Wissen der betroffenen Deutschen kam Ende Juni ganz Schlesien unter polnische Verwaltung.

Die deutsche Bevölkerung, von allen Nachrichten abgetrennt, hatte nur gerüchteweise von der Übernahme Schlesiens durch die Polen erfahren. So waren die kommenden Ereignisse auch für die Frankensteiner kaum verständlich.

Ins Rathaus zogen Polen zur Verwaltung ein. Es gab einen polnischen Landrat, der sich ohne Quittung aus der Kreiskasse mit 484.000 RM bediente. Vorher hatten die Russen schon aus der Stadtkasse den Betrag von 125.000 RM genommen. In den Straßen der Stadt tauchte polnische Miliz mit den viereckigen Kappen auf. Im Gasthaus "Zum Elefanten" und in der Zigarrenfabrik Kretschmer richteten sie eine Art von Gefängnis ein mit Verliesen im Keller. Jetzt waren es nicht mehr Russen, jetzt waren es die Polen welche hier deutsche Männer einsperrten und entsetzlichen Verhören und Torturen unterzogen. Besonders nachts gellten ihre Schmerzensschreie aus den Kellern. Am 16.7. wurden von bewaffneter poln.Miliz eine Gruppe Männer aus dem Dorf Protzan dorthin getrieben. Schon auf dem Weg waren sie am Gymnasium von Polen schwer geschlagen worden. Auf dem Hof bei der Zigarrenfabrik wurde dann der Lehrer Winkler aus Protzan erschossen. Zwei Tage danach waren in der Stadt rote Plakate angeschlagen worden. Sie enthielten die lügenhafte Behauptung, die Einwohner von Protzan hätten den Anordnungen der polnischen Regierung "bewaffneten" Widerstand entgegengesetzt, wodurch zwei der Schuldigen verwundet wurden und der Lehrer Winkler dabei ums Leben kam. Die Schuldigen seien abgeführt worden und die Bewohner des Dorfes Protzan würden wegen ihres Widerstandes gegen die Polen ausgewiesen! Protzan war wohl das erste Dorf im Kreis, das von den Polen völlig in Besitz genommen werden sollte. Auch in Protzan hatten die Bauern, wie überall im Frankensteiner Kreis mit der Ernte von Gerste und Roggen begonnen. Am Abend des 19.Juli wurden alle Einwohner des Dorfes Protzan mit etwas Gepäck auf ihren Handwagen von schwerbewaffneten Polen nach Frankenstein in die Düngerfabrik zum Übernachten getrieben. Am nächsten Morgen zeitig, unter den Augen der Frankensteiner, die ihren unruhigen Schlaf schon abgebrochen hatten, trieben die Polen in langer Kolonne die etwa 650-700 Personen aus Protzan, Frauen, Kinder, alte Leute von der Düngerfabrik durch die Straßen der Stadt, von Frankenstein in Richtung Zadel, über Kamenz bis Neisse. Das so entvölkerte, verlassene Dorf Protzan war inzwischen von sofort einrückenden Polen Hof für Hof und Haus für Haus mit allem drum und dran in Besitz genommen worden. In der folgenden Nacht brannte die Düngerfabik.

Anscheinend eine Nacht zu spät.........

Eine Woche davor, am 12.7., hatten es die Russen einer Reihe von Geistlichen unter Pfarrer Kurnoth ermöglicht, an der Beerdigung von Adolf Kardinal Bertram teilzunehmen. Der greise Kardinal von Breslau war auf dem Sommersitz der Breslauer Fürstbischöfe auf Schloß Johannesberg b.Jauernig verstorbenen. Die deutschen Geistlichen konnten in einem Sanitätskraftwagen der Roten Armee über die schlesische Grenze in das jetzt wieder tschechische Gebiet nach Jauernig fahren. Nach dem Tod von Kardinal Bertram wurde die deutsche hohe Geistlichkeit am Dom zu Breslau von dem polnischen Kardinal Hlond zur Niederlegung ihrer Ämter gezwungen. Hlond täuschte ihnen päpstliche Vollmachten vor, die er nicht hatte. Der polnische Kardinal setzte sofort polnische Würdenträger ein, ohne vom Papst dazu ermächtigt zu sein.

Die Eisenbahn und der Bahnhof von Frankenstein waren auch längst von polnischem Bahnpersonal übernommen worden. Die abgesetzten deutschen Bahnbeamten, kriegsbedingt nur ältere 60jährige und ganz junge 16jährige, mußten jetzt draußen in der Rotte Gleisarbeiten verrichten. Eine Familie, die schon 1923 ihre Heimat Posen wegen der Polen verlassen mußte und seit 1939 in Frankenstein im Bahnhof wohnte, hatte zwei Töchter eines Kollegen aus Protzan aufgenommen. In zwei Zimmern lebten sie jetzt zusammengedrängt, 10 Personen! Sie konnten beobachten wie die Züge mit den Polen ankamen. Manche brachten eine Kuh mit, die sie an einem Strick zwischen den Gleisen weiden ließen. Diese Polen gehörten wohl zu denen, welche durch die Russen aus dem Raum Lemberg vertrieben worden waren. Denn die Polen von dort durften vieles von ihrem beweglichen Besitz mitnehmen. In Groß Olbersdorf waren solche sogar mit Pferd und Wagen angekommen. Der größte Teil der ankommenden Polen war aber schon lange vorher in ganz Polen zwecks Neubesiedlung der "Wiedergewonnenen Gebiete" angeworben worden.

In den Dörfern des Kreises hatten die Bauern mit der Ernte von Gerste und Roggen begonnen. Immer mehr Polen kamen jetzt in die Stadt und in den Kreis und besetzten die Dörfer, ähnlich wie Protzan. Die Deutschen mußten Häuser und Wohnungen räumen oder wurden in eine Kammer zurückgedrängt.

Die polnische Stadtverwaltung hatte sich etabliert. Behördlich organisierte Gruppen besetzten alle Betriebe der Stadt. Die deutschen Eigentümer wurden entschädigungslos enteignet. Deutsche Mädchen aus Frankenstein mußten auf dem Land bei der Ernte helfen. Da leider die deutschen Landmaschinen die äußerst "kundige", polnische Behandlung durch ihre neuen polnischen "Bauern" nicht aushielten und bald den Geist aufgaben, zog sich die Ernte hin.

Ansonsten bewiesen die Polen ein ungewöhnliches Organisationstalent: sie hatten Frankenstein in wenigen Wochen polonisiert. Frankenstein wurde von ihnen jetzt "Zabkowice" genannt und auch die Straßen bekamen polnische Namen.

Vom 17.7. - 2.8.1945 hatte in Potsdam die Konferenz der Alliierten stattgefunden. Das Potsdamer Abkommen, in dem unter anderem die "humane" Umsiedlung der Deutschen aus POLEN beschlossen worden war, wurde am 2.8.1945 unterzeichnet. Doch auch davon wußten die betroffenen Deutschen in Schlesien mit Stadt und Kreis Frankenstein nichts.

Die Deutschen bekamen nichts mehr zu kaufen. Die Polen, die neuen Inhaber der Geschäfte, verkauften nur gegen Zloty, 1 Zl. = 2 RM, aber die Deutschen hatten keine Zloty. Sie mußten zwar arbeiten, bekamen aber für ihre Arbeit kein Geld. Außerdem war alles sehr, sehr teuer geworden:

1 Brot = 100 Zl. Die Deutschen konnten auch nichts von ihrer Habe verkaufen, damals nannte man das "versetzen", an wen? Die Polen kauften nichts, sie raubten. Da der polnische Landrat und die Russen die Kassen der Stadt und des Kreises geplündert hatten, ließ Paul Karger unter der deutschen Bevölkerung Geld sammeln, um die Menschen nicht verhungern zu lassen. Er ließ eine Volksküche einrichten, um die größte Not zu lindern.

Leider gab es auch Leute unter den Deutschen, so ein Ehepaar aus Berlin, die sich den Polen anbiederten und sich durch Denunziation Vorteile zu verschaffen suchten. Dann kam die Anordnung, daß die Deutschen weiße Armbinden mit einem schwarzen "N" ,für Niemski/Deutscher, darauf tragen müßten. Man nähte sich also solche Armbinden mit einem "N" aus Schnürsenkeln und trug sie gerne. Jetzt erkannte man doch sofort seine Landsleute und wußte, vor wem man sich zu hüten hatte.

Eine weitere Schikane der "neuen Herren" war es, von ihnen mißliebigen Deutschen eine "Aufenthaltsgenehmigung" zu verlangen. Unvorstellbar: Die Polen verlangten von Deutschen eine Genehmigung zum Aufenthalt in ihrem ureigenen deutschen Heimatland!

Solche "Aufenthaltsgenehmigungen" wurden von einem polnischen Amt in der Hutfabrik willkürlich ausgestellt. Die aus Protzan stammende Frau Dr.Maria Pohl war dort von den Polen als Dolmetscherin angestellt. Sie konnte manche warnen, die da in der Schlange der Wartenden standen: verschwindet schnell, denn von hier geht es ins "Niemandsland"! Tatsächlich wurden da schon viele Deutsche, denen man eine solche "Aufenthaltsgenehmigung" nicht ausstellte, in mit Ketten verschlossenen Viehwaggons westwärts "verbracht".

Die Ernährungslage für die Deutschen besonders in der Stadt wurde immer schlimmer. Das Vieh in den Dörfern wurde von den Polen geschlachtet, die lebten in Saus und Braus, egal was morgen kommt. Und es kam der Winter!

Die deutschen Frankensteiner verbrachten unter der Polenherrschaft ihr letztes Weihnachten in ihrer Heimat. Einen Weihnachtsbaum gab es an diesem letzten Weihnachtsfest in den wenigsten Familien. Und der Festtagsbraten, wenn es einen solchen gab, dann fiel er sehr bescheiden aus. In den Kirchen, welche ihre Ahnen einst erbaut hatten, sangen sie das letzte: Transeamus usque Bethlehem.....

Dann kam der Jahreswechsel. Das neue Jahr wurde von den Deutschen in ihrer und ihrer Ahnen Heimat Schlesien mit Bangen erwartet ........

Das Schicksalsjahr 1946 begann.

Der Winter war kalt und schneereich, das Heizmaterial knapp. Die Frankensteiner froren und hungerten sich durch den Winter. Auf den Dörfern war auch nichts Eßbares zu holen, überall saßen die Polen in den Gehöften und wachten mit Argusaugen über "ihr" Eigentum. Die deutschen Familien bekamen auf den eigenen Höfen kaum etwas zu essen. Sie versorgten zwar den Polen das Vieh, taten das Getreide dreschen, doch Vieh und Korn verkauften die neuen Herren, die Polen. Nur sie profitierten von den Erlösen aus der Landwirtschaft wie auch aus deutschen Handwerks-und Industriebetrieben. Die Deutschen hielten zusammen und halfen sich untereinander so weit es möglich war. In Frankenstein wie auf den Dörfern arbeiteten die Deutschen willig für die Polen. Hoffnung hielt sie aufrecht, die Hoffnung, daß die Polen wieder verschwinden würden sobald sie das Land ausgeplündert hätten. Doch es war eine trügerische Hoffnung.

Dann tauchten erste Gerüchte auf, die Deutschen müßten alle Schlesien verlassen, die Polen hätten die Verwaltung bis an Oder und Neisse bekommen. Natürlich dachten da alle an die bekanntere Glatzer Neisse. Und war das wirklich wahr? Alle Deutschen sollten aus ihrer seit Jahrhunderten angestammten Heimat fort? Konnte die Welt so etwas zulassen? Auch in Frankenstein hatte doch niemand diesen Krieg gewollt.

Während im Westen Deutschlands in den drei Besatzungszonen der Alliierten, selbst in den durch Krieg und Bombenterror zerstörten Städten, das Leben wieder erwachte (die Kölner gründeten eine neue Karnevalsgesellschaft) und die alte deutsche Kultur sich wieder zu regen begann, wurde das alles in den deutschen Ostprovinzen durch die Polen planmäßig zerstört.

Dann richteten die Polen im Gasthof "Zum Elefanten" an der Hindenburgstraße eine andere Dienststelle ein. Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten? Nun, man würde es sehr bald erfahren. Im Februar 1946 wurden die ersten Ausweisungsbefehle bekannt gegeben.

Der Frühling brachte erste warme Sonnenstrahlen, die deutschen Bauern bestellten trotz ihrer polnischen Herren die Felder. Ernten allerdings würden die Polen allein.

Die Übergriffe der Polen auf die deutsche Bevölkerung in Stadt und Kreis hatten solche Ausmaße angenommen, daß die Geistlichkeit des Kreises eine Bittschrift an die Polen zu Gunsten ihrer deutschen Pfarrkinder verfaßten. Die Geistlichen sollten die ersten sein, welche die Heimat verlassen mußten. Sie wurden bereits am 21./22.März mit ihren Angehörigen aus ihren Pfarrhäusern abgeholt und in Viehwaggons nach Westdeutschland verfrachtet.

Das war der Auftakt zu der großen Vertreibung der Deutschen aus der deutschen Provinz Schlesien im Jahr des Friedens 1946, im Frieden,

ja, im Frieden, 11 Monate nach Kriegsende!

 

Schon weit vor Kriegsende hatte die neue polnische Regierung in Warschau ein

"Ministerium für die wiedergewonnenen Gebiete"

gegründet. Es waren dort bereits eine Menge Gesetze erlassen worden über die Verteilung des "verlassenen" deutschen Vermögens, der Behandlung und Durchführung der Vertreibung und Ansiedlung polnischer Staatsbürger. Für das angeblich so arme Polen, das durch den Krieg so sehr gelitten hatte, war die Organisation und Finanzierung der Vertreibung und der Annexion der deutschen Ostprovinzen eine beachtliche Leistung!

Die ganze Logistik für die planmäßige Vertreibung der Deutschen mit Lokomotiven und Viehwaggons stand.

Am 6.4.46 rollte ein Transport mit Frankensteinern von ihrem Bahnhof über Reichenbach, Schweidnitz, Liegnitz, dann von Kohlfurt durch die russische Besatzungszone zum Lager Mariental bei Marienborn, westlich hinter Helmstedt. Von dort ging es ins Osnabrücker Land.

Auch aus dem Kreis Frankenstein kam jetzt ein Dorf nach dem anderen an die Reihe. Die Deutschen kamen mit ihrem wenigen Gepäck von der polnischen, bewaffneten Miliz begleitet in langen Kolonnen in die Stadt, in den Gasthof "Zum Elefanten". Dort wurden sie registriert und erhielten die Nummer eines Viehwaggon. Nach einer Nacht auf dem blanken Fußboden des Tanzsaales ging es am nächsten Morgen zu Fuß mit dem Gepäck zur Bahn. Auf dem Gelände und in den leeren Hallen der Füllhalterfabrik Haro wurde dann alles von den Polen noch einmal "kontrolliert". Das bedeutete, daß die Polen den Deutschen noch einmal alles wegnahmen an Wertsachen oder was ihnen eben gefiel. Danach durften sich die Geplünderten mit ihrem restlichen Gepäck zu den bereitstehenden Viehwaggon begeben, deren Nummer sie erhalten hatten. 30-35 Personen mit Gepäck mußten sich den Platz in einem Waggon teilen. Auf der Fahrt, wenn die Insassen der Viehwaggons an den noch deutschen Ortsbezeichnungen der durchfahrenen Bahnhöfe sahen, daß es wirklich nach Westen ging, legte sich endlich etwas die Angst vor der Zukunft, denn es ging wenigstens nicht nach Sibirien.

Alle Bewohner der Stadt Frankenstein wurden auf diese Weise aus ihrer schönen Stadt im seit vielen Jahrhunderten deutschen Schlesien vertrieben.

Paul Karger, Bürgermeister a.D. mußte mit den Frankensteinern am 6.Mai 1946 im Viehwaggon die Heimat verlassen.

Sie alle mußten bitterarm im Westen Deutschlands mit seinen kriegszerstörten Städten einen neuen Anfang suchen.

(Foto Vertreibung, an den Viehwaggons)

- * -

Zusammengestellt von Doris Minale

Quellen: Knaurs Lexikon 1947, Fedor Sommer: Die Geschichte Schlesiens, Richthofen: Polens Traum vom Großreich, Handbuch der hist.Stätten Schlesiens, "Am Born der Heimat"1926, Heimatbeilagen der Frankenstein-Münsterberger Zeitung 1924-26, Frankenstein-Münsterberger Heimatblätter, Piontek: Goethe unterwegs in Schlesien, Bundesministerium der Vertriebenen: Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östl.d.Oder-Neisse .

- * -

Aus den Gebieten im Osten Polens, die Stalin inklusiv Lemberg wieder der Sowjetunion einverleibte, wurden etwa 1,5 Millionen Polen vertrieben. Die heutige Ostgrenze Polens entspricht wieder weitgehend der "Curzon-Linie" von 1919, welche sich nach der Volkszugehörigkeit gerichtet hatte.

12 Millionen Deutsche mußten ihre Heimat in den deutschen Ostprovinzen verlassen, für

1,5 Millionen Polen!

Wie hatte Hitler einst großspurig getönt: "Deutschland, Volk ohne Raum" und "Im Osten liegt unsere Zukunft!"

Der exilpolnische Außenminister Raczynski, London, hatte am 24.9.1941 folgendes erklärt:

Die künftigen Grenzen Polens sollten Polens Lebensinteresse nach einem breiten Zugang zur See, genügend geschützt vor fremden Einflüssen, und ferner eine wirtschaftliche Entfaltung in einem der Zahl seiner Bevölkerung entsprechenden Verhältnis sichern .................

Wie sieht das heute aus?

Zur Zeit der Wende 1990 und der Oder-Neisse-"Grenzbestätigung" bis heute, leben in Polen inklusiv der annektierten deutschen Ostgebiete

38 Millionen Polen,

die Minderheiten, z.B. die Deutschen in Oberschlesien, inbegriffen

Auf etwa gleichgroßem Gebiet leben in der Bundesrepublik Deutschland

82 Millionen Deutsche und andere.

- * -

Frankenstein ist mit Schlesien aus der Deutschen Geschichte nicht heraus zu lösen.